Unterwegs im Fischerkietz

An Köpenicks Ufer der Vergangenheit

Das Beste am Fischerkietz sind die vielen alten Fischerhütten, die seine Wege säumen. Und trotzdem gibt es hier mehr als nur Geschichte.
Das Beste am Fischerkietz sind die vielen alten Fischerhütten, die seine Wege säumen. Und trotzdem gibt es hier mehr als nur Geschichte. Zur Foto-Galerie
Fischerkietz - Wahrscheinlich ist es der kleinste Kiez Berlins und vielleicht ist es auch der älteste. Auf jeden Fall präsentiert sich dieses Stück Köpenick mit seinen Fischerhütten, Gassen und Pflastersteinen nahezu dörflich. Erst seit dem 19. Jahrhundert gehört es offiziell zu Berlin, vorher fand man hier ein autarkes Fischerdorf. Die Vergangenheit und vor allem einen ganz eigenen Charakter spürt man aber noch heute.

Ja, sie ist schön, die Köpenicker Altstadt und auch die Schlossinsel hat ihren ganz besonderen Reiz. Doch da gibt es noch etwas ganz anderes und eigenes für alle, die sich an historischer Schönheit nicht sattsehen können: den Fischerkietz. Die in sich geschlossenen Gassen, Häuser und Uferwege an und zwischen den beiden Straßen „Kietz“ und „Gartenstraße“ stehen unter Denkmalschutz – und das zu Recht! Wer die laute und viel befahrene Müggelheimer Straße hinter sich lässt und hier landet, flaniert vorbei an Türen, die kaum größer als man selbst sind, an hölzernen Fensterläden in Brusthöhe und stolpert vielleicht über einen der Pflastersteine, die Gehweg und Straße ausmachen.

Zwischen den niedrigen Häusern und alten Laternen tun sich immer wieder kleine Gässchen auf: Einige von ihnen führen ans Wasser und werden am Ende von einer hölzernen Bank gekrönt. Andere, wie die „Kleine Hege“, stellen nur eine efeuberankte Verbindung zwischen beiden Straßen her. Hier herrscht eine angenehme Ruhe. Man läuft nicht, man schlendert und erhascht mit etwas Glück einen Blick auf die Katze, die gerade in einen Garten huscht, auf einen Reiher, der seine Kreise zieht, oder darf sogar beobachten, wie ein ebenso frecher wie zahmer Spatz ins Wohnzimmer einer der Hütten hüpft, um ein paar Krumen zu ergattern.

 

Ganz schön viel Geschichte

Die Geschichte des Fischerkietzes reicht zurück bis ins 13. Jahrhundert, im Jahr 1375 wurde er erstmals erwähnt. Damals gab es dort, wo heute das Schloss Köpenick steht, noch eine slawische Burg. Für sie war der Fischerkietz nicht mehr als eine Dienstsiedlung, die vor allem für die Lieferung von Fisch zuständig war. Da die Bewohner der Siedlung aber als Leibeigene der Burg- und Schlossgesellschaft galten, mussten sie auch Holz fällen, Schafe scheren oder Briefe austragen. Die meisten Siedlungsbewohner verbrachten ihren Alltag trotzdem auf dem Wasser, weshalb auch heute noch die meisten Häuser am „Kietz“ einen eigenen Zugang dazu haben. Später gesellten sich auch Handwerker und Händler zu den Fischern und ließen sich insbesondere in der heutigen Gartenstraße nieder. Im Jahr 1898 schließlich wurde der „Kietz bei Köpenick“ gegen den Willen seiner Bewohner in die Stadt Köpenick eingemeindet, die selbst erst 1920 offiziell zu Berlin stieß. Der Fischerkietz, das ist also nicht Ur-Berlin, sondern sogar noch ursprünglicher als Berlin.

Die Breite Gasse am Frauentog mit Schlossblick
Auch wer sich nicht für Jahreszahlen und die Entwicklung der Hauptstadt interessiert, kommt schwer umhin, die besondere Bauweise der kleinen Hütten im Fischerkietz zu erkennen, die zum Teil seit über 200 Jahren gleich aussehen. In manchen Fenstern und über manchen Türen findet man noch Fischverzierungen und –figuren, die an die Vergangenheit erinnern. Heute können Touristen im Fischerkietz übernachten, ein paar Meter hinter den Fischerhütten im Flussbad Gartenstraße zum Planschen in die Dahme springen, im Krokodil fürstlich essen und mit einem Blick aufs Wasser die Seele baumeln lassen. Und wer denkt, er könnte diesen Kiez zu jeder Tages- und Nachtzeit erkunden, der hat wohl vergessen, dass der Ort seine ganz eigenen Regeln hat: die „Breite Gasse“ zum Beispiel bleibt für Touristen geschlossen, sobald die Sonne in der Dahme versunken ist. Aber keine Sorge: Dann kann man die Ufer des Fischerkiezes immerhin noch von der Köpenicker Altstadt aus betrachten.

Foto Galerie

An Köpenicks Ufer der Vergangenheit, Kietz, 12557 Berlin

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