Karl-Heinrich-Ulrichs lebte von 1825 bis 1895 als Autor und Jurist und war ein wesentlicher Wegbereiter der uranischen Ehe. Der Begriff des „Uranismus“ war, wie Heinrich-Ulrichs ihn prägte, was man heute „Homosexualität“ nennt. Mit anderen Worten war der Herausgeber des „Uranus“ – und damit einer der ersten Zeitschriften für die Interessen homosexueller Menschen – ein Wegbereiter der sexuellen Gleichstellung. In Schöneberg wird nun eine Straße nach ihm benannt. In Mitte dauert das noch.
Es handelt sich um keine neu gebaute Straße, sondern um die Nord-Süd-Verbindung zwischen Lützowplatz und Nollendorfplatz: die Einemstraße. Wer Karl von Einem noch mal war, zeigen eindringlich zwei Expertisen aus den Jahren 2011 und 2012 auf. Was vielleicht noch bekannt sein könnte, ist Einems Status als preußischer Kriegsminister. Die Bewertungen der beiden Professoren Lautmann und van Norden beleuchten Einems Engagement als antidemokratischen Kaiserreichstreuen. Er war ein Freund der damaligen deutschen Militärkultur, seine Memoiren und politischen Reden offenbaren antisemitische und homophobe Einstellungen. „Mir sind diese Leute ekelhaft (…) und ich verachte sie“, trägt er im Reichstag vor.
Ideologisch verklärt er die Niederlage Deutschlands im ersten Weltkrieg, unterstützt Deutschlands kolonialistische Bestrebungen, glorifiziert den Genozid am Volksstamm der Herero und befürwortet die Machtergreifung der Nationalsozialisten: Über die politischen Ereignisse 1931 schreibt Einem: „Die Hoffnung auf die ewigen Kräfte Deutschlands, die wir in der nationalen Bewegung verkörpert sehen, gab den Willen, wieder mitzukämpfen für das Deutschland von morgen, das dritte Reich.“
Wegbereiter des Nationalsozialismus
Im Juni 1934 bekam die Einemstraße ihren Namen. Überhaupt reih(t)en sich am Nollendorfplatz die Namen einiger namhafter Generäle bzw. Wegbereiter des NS-Regimes, von Kalckreuth von Kleist bis Erich Ludendorff. Manche Namen sind mittlerweile wieder geändert, zulässig sind Umbenennungen nach dem Berliner Straßengesetz nur „zur Beseitigung von Straßennamen aus der Zeit von 1933 bis 1945, sofern die Straßen nach aktiven Gegnern der Demokratie und zugleich geistigpolitischen Wegbereitern und Verfechtern der nationalsozialistischen Ideologie und Gewaltherrschaft (…) benannt wurden.“ Die Ausführungsvorschriften passen wie die Faust auf Karl von Einems Auge. Bedenkt man, dass eben diese Informationen von Professor Lautmann vorgetragen und bereits im August 2011 kommen van Nordens Recherchen zur deutlichen Aussagen, „dass eine solche Figur (wie Karl von Einem) nicht durch einen Straßennamen geehrt werden sollte.“
Für den Lesben- und Schwulenverband Berlin-Brandenburg (LSVD) ist die Umbenennung in die Karl-Heinrich-Ulrichs-Straße natürlich nur ein Etappensieg hin zur Mitte: Denn lediglich Tempelhof-Schöneberg, nicht aber der Bezirk Mitte konnte die Namensänderung umsetzen – nachdem Einsprüche wegen des Straßenabschnittes in Mitte eingegangen sind, ist diese Entscheidung auf 2014 vertagt worden. Hinter der Straßenumbenennung stehen aber sowohl der juristische Rahmen als auch alle Fraktionen im Bezirk Mitte – bis auf die CDU. Der LSVD ist sich also sicher, nächstes Jahr ein zweites Mal feiern zu können.
Feierliche Einweihung der neuen Karl-Heinrich-Ulrichs-Straßenschilder im Bezirk Schöneberg-Tempelhof ist am 17. Dezember um 14 Uhr.