Berlin-Mitte

Einheitswippe steht auf der Kippe

Kurz nachdem der Siegerentwurf vorgestellt worden war, löste er auch schon eine kontroverse Debatte aus. Es ging vor allem um stadtplanerische Aspekte. Dann mischten sich auch Bürgerrechtler in die Debatte ein
Kurz nachdem der Siegerentwurf vorgestellt worden war, löste er auch schon eine kontroverse Debatte aus. Es ging vor allem um stadtplanerische Aspekte. Dann mischten sich auch Bürgerrechtler in die Debatte ein
Eigentlich sollten die Berliner längst auf der Einheitswippe schaukeln können. Doch nun gerät auch die für 2015 geplante Eröffnung des verspäteten Baus ins Wanken.

Die bereits verschobene, im kommenden Jahr fest eingeplante Eröffnung des Freiheits- und Einheitsdenkmal am Schlossplatz gerät ins Wanken. Staatsministerin Monika Grütters schließt nicht aus, dass auch zur 25-jährigen Freudenfeier des Mauerfalls immer noch niemand auf die „Einheitswippe“ steigen kann. Das Denkmal soll nach Plänen der Choreografin Sasha Waltz und des Architekten Johannes Milla gegenüber vom Staatsratsgebäude entstehen. Doch die Baustelle ruht. Denn die Berliner Behörden stellen „Maximalforderungen“ im Umgang mit historischen Mosaiken auf dem Denkmalsockel auf, sagt der Bund.

600 Quadratmeter unter Glas

„Wenn wir den Vorschlag von Senatsbaudirektorin Regula Lüscher umsetzen würden, dann müssten weite Teile des Denkmals neu konzipiert werden“, sagte Grütters Sprecher Hagen Philipp Wolf.

Mit dem Berliner Landeskonservator fordere sie, dass alle wieder entdeckten wilhelminische Mosaike unter dem Sockel des früheren Kaiser-Wilhelm-Nationaldenkmals auf einer Fläche von rund 600 Quadratmetern freigelegt werden. Anschließend sollen sie sichtbar bleiben, unter durchsichtigen Trittplatten etwa.

Tiefer gelegte Schale

Für den Bund wirft das gleich mehrere Probleme auf: Die Schale müsste insgesamt tiefer gelegt werden als bisher vorgesehen. Die Konstruktion könnte nicht an den vorgesehen Stellen im Sockel verankert werden. Deshalb müsste die Statik überarbeitet werden. Das würde Zeit kosten und dieser ganze Aufwand das geplante Budget sprengen.

Um das zu verhindern, schlägt der Bund vor, die Mosaike zu dokumentieren und zu versiegeln und damit als Bodendenkmal zu sichern. Alternativ habe man vorgeschlagen, Mosaikteile in Räumen des Schlossneubaus zu zeigen. Doch die Kompromissvorschläge habe die Berliner Verwaltung um Senatsbaudirektorin Lüscher und Landeskonservator Jörg Haspel bisher verworfen. „Die Verzögerung bei der Genehmigung eines national bedeutsames Projektes durch nachgeordnete Verwaltungen, ist nicht hinnehmbar“, sagt Wolf.

Aus dem Ärger über die störrische Haltung des Senats macht man in der Bundesregierung keinen Hehl mehr. Zumal Berlin zur Finanzierung von Kultureinrichtungen immer gerne die Hand aufhalte, wenn diese auch nur ansatzweise als nationale oder hauptstädtische Aufgabe verkauft werden können und die Kosten auf den Bund abgewälzt werden können.

Deshalb sinniert der eine oder andere auf den Fluren von Parlament und Regierung, ob man auf die kompromisslose Haltung Berlins im Denkmalstreit mit einer ebensolchen bei der Finanzierung der vielen Hauptstadtprojekte reagiert, bei denen Berlin vom Bund Geld erwartet. Darauf angesprochen sagt Wolf „Das ist nicht unbedingt der Stil der Kulturstaatsministerin.“

Nun werden erst einmal die Mosaike freigelegt. Und danach? „Muss endlich auf politischer Ebene eine konstruktive Lösung durchgesetzt werden“, sagt Grütters Sprecher. Ein Spitzengespräch zwischen der Staatsministerin und Müller habe zwar bereits stattgefunden. Aber seitdem sei auch wieder ein Monat vergangen, ohne dass der Bund eine Nachricht von Berlin erhalten hätte. Und ein dreiviertel Jahr verstrich, seit der Entdeckung der Mosaike.

Seit dem Jahr 2007 besteht der Beschluss des Bundestages zum Bau des Denkmals. Auch einen Vertrag für dessen Errichtung hat der Senat mit dem Bund unterschrieben. Ursprünglich sollte das begehbare Kunstwerk spätestens in diesem Jahr eröffnet werden und zehn Millionen Euro kosten.

Sasha Waltz stieg als erste aus

Doch zuletzt häuften sich die Rückschläge. Vor zwei Jahren stieg Choreografin Sasha Walz aus. Im vergangenen Jahr forderte Berlins Behindertenbeauftragte Korrekturen: Die Neigung der Rampe für Rollstuhlfahrer planten die Architekten mit den in Deutschland geltenden 6,8 Prozent – zu viel befand die Verwaltung. Deshalb soll nun eine Auffahrt-„Schnecke“ wie bei Parkhäusern kommen, mit 0,8 Prozent weniger Neigung. Auch für die seltenen Wasserfledermäuse, die im Sockel nisteten, erhielt Berlin die gewünschte Sonderbehandlung: Sie wurden in den Plänterwald ausgesiedelt, betreut von einem eigens abgestellten Ornithologen.

Bausenat „fände die eigene Lösung schön“

„Wir fänden es schön, wenn das Mosaik dort vor Ort gezeigt werden könnte“, sagte eine Sprecherin der Bauverwaltung. Wenn der Bund diesen Weg aber nicht gehen könne, dann könne man sich auch darauf verständigen, das Mosaik vom Sockel abzubauen und im Umfeld zu zeigen. Wo dies sein könnte, sei bisher nicht geklärt. Auf einen solchen Weg haben sich Land und Bund während der Sommerpause grundsätzlich verständig. Gerüchte, wonach eine einvernehmliche Einigung erst gefunden werden kann, wenn das Rennen um das Rote Rathaus beendet ist, an dem sich Bausenator Müller beteiligt, seien aus der Luft gegriffen.


Quelle: Der Tagesspiegel

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