Mehr Feiertage für Berlin!

Einigkeit im Recht auf Freizeit

Nicht nur Christi Himmelfahrt, der sogenannte "Vatertag", ist Arbeitnehmern als Feiertag höchst willkommen.
Nicht nur Christi Himmelfahrt, der sogenannte "Vatertag", ist Arbeitnehmern als Feiertag höchst willkommen.
Ganz Berlin - Ein Glück für die Berliner, dass Reformationstag und Allerheiligen in diesem Jahr auf das Wochenende fallen. Das mindert die Benachteiligung gegenüber fast allen anderen Bundesländern. Trotzdem: Die Stadt braucht mehr Feiertage! Ein Kommentar.

Ein besonderer Gruß geht an dieser Stelle an unsere Leser in Brandenburg. Ich hoffe, Sie haben am 31. Oktober Ihren Feiertag genossen. Für alle Berliner: Ja, die Brandenburger hatten am Samstag frei, richtig frei, auch im Einzelhandel, reformationstagsfrei. Gemeinsam mit den Sachsen, den Sachsen-Anhaltinern, den Thüringern und den Mecklenburg-Vorpommern. Also allen Menschen in den sogenannten neuen Bundesländern, nur nicht Berlin, ist ja klar, Berlin ist ja auch zur Hälfte ein altes Bundesland.

Am Sonntag war dann in einer Reihe von alten Bundesländern allerheiligenfrei: in Baden-Württemberg, Bayern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und im Saarland, aber natürlich nicht in Berlin, ist ja klar, Berlin ist ja auch zur Hälfte ein neues Bundesland. Gut, Reformationstag und Allerheiligen fielen dieses Jahr aufs Wochenende, von daher alles halb so wild. Aber: Dreikönig, Fronleichnam und Mariä Himmelfahrt waren alle unter der Woche, die halbe Republik beim Skifahren oder am Baggersee, die Berliner in der Schule oder im Büro. Am 18. November ist dann noch Buß- und Bettag. Wie immer an einem Mittwoch. Berlin geht dann arbeiten.

Die Nicht-Feierei ist ein Norddeutsches Phänomen

Berlin macht nämlich nie frei, es sei denn, wirklich alle anderen machen mit. Ginge es nach uns, wir würden auch noch an Weihnachten, am 1. Mai und am Tag der Deutschen Einheit den Wecker stellen. Die einzigen Bundesländer, die genauso wenige Feiertage haben wie die Hauptstadt, sind Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Die Nicht-Feierei scheint ein norddeutsches Phänomen zu sein.

Dabei sind Feiertage vom Grundgesetz geschützt, sie dienen der „Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung“, Artikel 139, beides doch erst mal nicht schlecht. Weitere Argumente, die mir gerade einfallen: Sie heben wichtige Ereignisse hervor, religiöse wie historische, sie strukturieren das Jahr, sie fördern die Gemeinschaft. Und sie bieten, nicht zuletzt, gelegentlich die Chance zum langen Wochenende, zu einem Kurzurlaub, während dessen man garantiert keine E-Mails checken muss, weil niemand eine schreibt, weil ja alle anderen auch freihaben.

In meiner Kindheit in Baden-Württemberg kam ich eigentlich ganz gut klar mit drei Feiertagen mehr im Jahr, dazu noch dem Faschingsdienstag, einer Art inoffiziellem Feiertag. Als ich in Bayern studiert habe, waren es sogar ganz offiziell vier. Hat mir nicht geschadet, und der Wirtschaftskraft der beiden Bundesländer wohl auch nicht. Und dabei gab es im Gegensatz zu Berlin bei mir auf dem Dorf noch nicht mal einen Späti, in dem man sich noch mit dem Nötigsten eindecken konnte, wenn man vergessen hatte, einzukaufen. Und jetzt komme mir bitte niemand mit: „Aber in Berlin müssen die Spätis an Feiertagen ja offiziell auch geschlossen bleiben!“

Idee: Freie Wahl in Sachen Feiertage

Anlässe zu feiern gäbe es genug – und damit meine ich nicht unbedingt christlich angehauchte Feste wie Karneval, Fronleichnam oder Buß- und Bettag, das wäre dann wohl doch zu viel verlangt in einer Stadt, in der nicht einmal jeder Dritte in der Kirche ist. Von mir aus kann man hier ja historische Anlässe nehmen – ob in Erinnerung an 1848 ein Revolutionsfest am 18. März oder ein Mauertag am 13. August. Oder man feiert einfach so, ein Berlinfest, einmal im Jahr, drei Tage lang. Berlin feiert sich doch ohnehin die ganze Zeit selbst, da könnte man diese Begeisterung ob des eigenen Daseins endlich mal vernünftig kanalisieren.

Oder auch, zu Berlin passend: Es werden eine Reihe von Feiertagen zur Auswahl gestellt, religiös, historisch oder von mir aus auch die Sommersonnenwende, und jeder darf ganz individuell drei davon belegen. Ich als Katholik würde dann vielleicht tatsächlich mal wieder an Fronleichnam in die Kirche gehen, mein muslimischer Nachbar kann endlich mal sein Zuckerfest feiern, ohne dafür Urlaub nehmen zu müssen, und wer an gar nichts glaubt, kann dann das feiern.

Übrigens, es gibt gute Nachrichten: 2017, zum 500. Jahrestag der Reformation, wird der 31. Oktober ausnahmsweise auch in Berlin ein Feiertag sein. Ist dann übrigens ein Dienstag. Aber nicht nur in Berlin, sondern wohl in ganz Deutschland. War ja klar.


Quelle: Der Tagesspiegel

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