Lange hatte man gerätselt, warum und weshalb und wofür dieses neue, schwarz gekleidete Gebäude westlich vom Alexanderplatz, zwischen Fernsehturm und Cubix-Kino, eigentlich gedacht ist. Inzwischen ist klar: Am Donnerstag um neun Uhr hat das größte Geschäft des Hauses, TK-Maxx, eröffnet. Am Eingang prangt die Losung „Was weg ist, ist weg!“
Natürlich sind viele Läden hier eher kleinteilig, aber eben doch zweckmäßig wie das ganze Gelände. Viele Menschen halten sich hier auf – vielleicht auch, weil hier einem mal keine Baustelle den Boden unter den Füßen aufreißt und sich der Touristentreck zwischen Brandenburger Tor und Alexanderplatz ein wenig ausruhen kann – mit Blick auf den Neptunbrunnen und die Kaskaden vor dem Fernsehturm.
„Alles für die Berliner!“
Bis 2030 soll hier nun nichts verändert werden, die Stadt hat die Verträge dafür gemacht, deshalb wird vorerst an dieser Stelle keine neue alte historische Mitte entstehen. Vielleicht reicht das, was hier ist, aber einfach aus. Es wäre nur schön, wenn die Stadtreinigung öfter einmal vorbeischauen würde.
Irgendwie passt das neue schwarze Gebäude hier ganz gut her in seiner schlichten Zweckmäßigkeit. Die garantiert echt italienische Gelateria La Luna kredenzt jetzt schon Eisbecher so breit wie hoch. Und ganz putzig macht sich ein Eckladen zur Rathausstraße hin – „La cure Gourmand“, das Geschäft eines Keksherstellers aus Südfrankreich, wo sich bunte Keksdosen und süße Delikatessen bis zur Decke stapeln. Ein Bauleiter, der die Warenanlieferung für noch ein Berlin-Souvenirgeschäft dirigiert, schwärmt von der glatten schwarzen Fassade, an der die Firmenbezeichnungen in goldener Farbe einen belebenden Kontrast bilden. „Alles für die Berliner!“, sagt er auf Schwäbisch.
Neptunbrunnen längst Wahrzeichen der Stadt
Die Leute suchen sich ihr Plätzchen, umkurven die U-Bahn-Baustellen mit ihren roten Rohrschlangen und Zäunen, finden besinnliche Minuten in St. Marien und landen am Neptunbrunnen, der inzwischen, gegenüber dem Rathaus, ein Wahrzeichen der Stadt geworden ist. Er steht, mitten auf dem Touristenpfad, genau an der richtigen Stelle. Was soll er vor dem Schloss, ohne Funktion, ohne Sinn?
Heute umspült kein Wasser Neptuns Schenkel, und die einzigen Berlinerinnen, die den Rand halten (alter Witz!), also die vier von Reinhold Begas geschaffenen Gespielinnen des Wassergotts, sitzen auf dem Trockenen. Dafür klettern Kinder auf die Füße der Damen mit Schuhgröße 80 XXL. Auf den Bänken sitzt ein Pärchen, zusammen 120 Jahre alt, er spielt mit der Gitarre ein französisches Chanson, beide singen, so gut es geht. Bald haben sie ein Frühstück zusammengesäuselt.
Und wer keine Lust mehr aufs Shoppen oder auf 150 Minuten Wartezeit beim Fernsehturm hat, sondern in angenehmer Kühle statt Berlin von oben einen Film ansehen möchte, der geht einfach ins Cubix gegenüber dem neuen schwarzen Kaufhaus-Obelisk, in dem man übrigens auch in den zwei oberen Geschossen eine Wohnung mieten kann. „Täglich ab 11 Uhr Kino!“ steht über dem Eingang des Gebäudes, das sich als älterer Bruder des neuen schwarzen Kubus fühlen darf. Heute gibt es um elf „Ab durch den Dschungel“, und um halb zwölf „Das magische Haus“.