Kein Platz in der Mensa, kein Platz für die Inklusion, kein Platz für den Sportunterricht. Kein Platz zum Lernen: Zum neuen Schuljahr spitzt sich die Raumnot in etlichen Bezirken derart zu, dass Lichtenberger Eltern jetzt ein berlinweites Bündnis anstoßen wollen, um in der Politik ein Umdenken zu erzeugen. „Wir wollen den Abgeordneten klarmachen, was diese Enge bedeutet“, kündigte am Montag Gesamtelternvertreterin Claudia Engelmann an. Ausgangspunkt der Protestbewegung ist die Rummelsburger Schule an der Victoriastadt. Sie soll in absehbarer Zeit sieben erste Klassen aufmachen, obwohl sie nach Meinung der Eltern schon mit fünf Klassen an ihre Kapazitätsgrenzen stößt: Ab den Sommerferien werden dort statt bisher 380 über 500 Kinder zur Schule gehen. Die Folgen sind vielfältig.
„Die Kinder müssen in sechs Schichten essen“
Erschwerend komme hinzu, dass die Schule als ehemaliges Förderzentrum enge Räume habe, weil die Förderschüler in kleineren Lerngruppen unterrichtet wurden als Regelschüler. Jetzt aber müssten sich 24 Kinder auf 45 Quadratmetern zusammendrängen, obwohl der Bezirkselternausschuss dagegen votiert habe, bedauert Engelmann. Der Lärmpegel insbesondere in den Sporthallen mache den Lehrern sehr zu schaffen. Der Krankenstand steige. Der Bezirk hat bisher keinen Ausweg aus dem Dilemma präsentiert.
Allein in Lichtenberg gibt es acht Schulen, die die Platznot nicht mehr akzeptieren wollen und sich daher zu einer Arbeitsgruppe zusammengeschlossen haben. Für Montagabend war ein Treffen mit Eltern der Kreuzberger Hunsrück-Schule geplant, die ebenfalls gegen zusätzliche Klassen protestieren, weil sie ihr Ganztagsprofil in Gefahr sehen.
Mitte will Bescheide erst kurz vor den Ferien rausschicken
Wie berichtet, führt der Schülerzuwachs in immer mehr Bezirken dazu, dass die Schulen sich von pädagogischen Standards verabschieden müssen. Besonders akut ist die Lage in Mitte, wo die Raumnot erst sehr spät kommuniziert wurde: Die Rede ist von bis zu zehn Schulklassen, die zusätzlich eröffnet werden müssen. Die Kinder werden – mit über einem Monat Verspätung – erst Mitte Juli erfahren, wo sie aufgenommen werden, kündigte Bildungsstadträtin Sabine Smentek (SPD) an.
„Wer sich ummeldet hat keinen Anspruch mehr“
Nach Auskunft der Bildungsverwaltung vom Montag hat man nach einer Ummeldung „keinen Anspruch mehr“ auf einen Platz an der Schule seines Einzugsbereichs, sofern sich dort inzwischen schon mehr Kinder als vom Platz her vorgesehen, angemeldet haben. Dies teilte Sprecherin Beate Stoffers auf Anfrage mit. Die Bezirke verführen aber unterschiedlich bei der Frage, bis wann Eltern es sich gegebenenfalls noch anders überlegen können.
Am stärksten zusammenrücken müssen weiterhin die Pankower Kinder. Hort- und Fachräume werden vielfach in normale Unterrichtsräume umgewandelt. „Von Inklusion wollen wir dabei gar nicht reden“, benennt Bildungsstadträtin Lioba Zürn-Kasztantowicz (SPD) eines der vielen Probleme, die sich aus der Raumnot ergeben. Ihr Bezirk muss dieses Jahr an 15 Schulen mehr Schüler aufnehmen als vom Raum her eigentlich vorgesehen.