58.000 Menschen sind am vergangenen Mittwochabend im Olympiastadion zusammengekommen, um den „Boss“ zu feiern. Als um kurz vor acht Uhr Bruce Springsteens E Street Band mit Bussen ins Stadion einfährt, jubeln die Fans bereits begeistert. Und in dem Moment, in der die amerikanische Musiker-Legende schließlich mit hochgekrempelten Ärmeln und Akustikgitarre sein Publikum begrüßt, kennt der Jubel kein Halten mehr. „Hallo Berlin, es ist gut, wieder hier zu sein“, ruft Springsteen und zehntausende Arme strecken sich ihm in der kühlen Abendluft entgegen. Es kann losgehen!
Bevor der Musiker an diesem Abend vor sein Publikum trat, wurde ihm von Stadionchef Joachim E. Thomas ein mit dem unverkennbaren Merkmal des Olympiastadions, der blauen Laufbahn, bemalter Bär überreicht. Im Handel kostet das bunte Souvenir 30 Euro. Für den 63-jährigen Musiker dürfte es eher von ideellem Wert sein und es wird sicher ein Plätzchen finden in den Taschen und Koffern, mit denen Springsteen zurzeit durch Europa tourt. Für den Berliner Bären bedankte er sich mit einem Eintrag im Gästebuch des Stadions.
Der Sport dominiert den Sommer
Es wird in diesem Jahr die einzige Unterschrift eines Musikers bleiben. Für das Olympiastadion war das gestrige Großkonzert der erste und letzte musikalische Höhepunkt des Sommers. Schuld sind die sportlichen Großereignisse des Sommers. „Tourneen finden in der Regel antizyklisch zu anderen Großveranstaltungen statt“, so Stadionchef Thomas. Fußball-Europameisterschaft und Olympiade ziehen viele Menschen vor den Fernseher und verhindern Auftritte in großen Stadien. Aber „im nächsten Jahr kommen mehr Musiker, da haben wir mehr als ein Rockkonzert im Olympiastadion“, verspricht Thomas. Wer spielen wird, will er jedoch noch nicht preisgeben.
Viel Geld dürfte dadurch verloren gehen. Für die Miete des Olympiastadions müssen Konzertveranstalter bis zu 500.000 Euro berappen. Auftritte gefragter Musiker machen bis zu 20 Prozent der Einnahmen des Stadions aus und durch den Abstieg von Hertha BSC dürfte ohnehin weniger Geld in die Kassen des landeseigenen Betriebs fließen. Es wird davon ausgegangen, dass die Rückkehr in die zweite Liga Einnahmerückgänge in Höhe von einer Million Euro nach sich ziehen wird. Schuld ist der bis 2017 laufende Vertrag mit Hauptmieter Hertha. Er beschert dem Olympiastadion für jedes Spiel in der ersten Liga 182.000 Euro. Kommen mehr als 50.000 Fußballfans, müssen sogar 257.000 Euro gezahlt werden. Bei Zweitligaspielen liegt die Mietsumme dagegen lediglich bei 150.000 Euro.
Die Fraktionen der Grünen und der Linken im Abgeordnetenhaus befürchten, dass sich die Einnahmeverluste auf den Landeshaushalt auswirken könnten. Schuld wäre eine geringere Jahrespacht, die vom Olympiastadion ans Land Berlin gezahlt wird. Die beanschlagten 1,2 Millionen Euro dürften schwerlich zu bezahlen sein. Grünen-Politiker Jochen Esser erwägt daher eine „Risikovorsorge“.
Gefragte Location
Bisher kommt das Olympiastadion nach Angaben von Thomas finanziell allerdings gut über die Runden. 74.000 Menschen finden darin Platz und neben Konzerten macht die sportliche Nutzung den Großteil der Einnahmen aus. Doch auch Kongresse, Seminare, Geschäftstermine, Filmdrehs und Stadionführungen erwirtschaften einen nicht unerheblichen Gewinn. „300.000 Menschen besuchen uns außerhalb von Veranstaltungen“, so der Stadionchef. Demnächst wird etwa der Audi-Konzern im Stadion zusammenkommen und auch im Rahmen der Internationalen Tourismusbörse sind Präsentationen geplant.
Nur wenige große Stars ziehen in diesem Sommer durch Europa. Und eine auf Tour befindliche Madonna, die das Olympiastadion leicht ausverkaufen könnte, wählt als Auftrittsort die beträchtlich kleinere Berliner O2-World. Vielleicht, weil sie in Zeiten von Olympiade und EM nicht das Risiko leerer Ränge eingehen will.
Das Konzert des vergangenen Abends wird zumindest den Veranstaltern musikalischer Großereignisse beweisen, dass sich Berlin als Auftrittsort lohnt. Mit 58.000 Menschen war das Konzert von Bruce Springsteen ausverkauft. Durch den Aufbau der Bühne an der Längsseite des Olympiastadions war die Aufnahmekapazität etwas geringer. Doch man hätte leicht „noch mehr Karten verkaufen können“, meint Thomas. Das liege auch an einem „gewissen Nostalgiefaktor“ in Berlin. Springsteen spielte 1988 vor 160.000 Zuhörern ein legendäres Konzert in Weißensee.