Kabeltrommeln sind klein und aus Plastik. Diese hier ist anders. Ein übermannsgroßes Wagenrad aus Holz und Stahl, in doppelter Ausführung. Das Riesending, Baujahr 1977, steht vor dem Industriesalon in Oberschöneweide und symbolisiert die industrielle Revolution der Elektrifizierung am Ende des 19. Jahrhunderts – und deren Basis: das Elektrokabel. Die Kabeltrommel braucht dringend Hilfe, damit sie als Denkmal der Industriegeschichte erhalten werden kann. Beim Aktionstag „Saubere Sache“ hofft der Industriesalon auch auf Hilfe der Berliner. Dann soll unter anderem die Trommel aufgemöbelt, repariert und mit einem neuen Anstrich vor Wind und Wetter geschützt werden.
Die Elektrifizierung der Stadt
Elektropolis ist das Schlagwort für die Elektrifizierung der Stadt, die maßgeblich von Firmen wie Siemens und AEG vorangetrieben wurde. In Oberschöneweide wuchs bis in die 30er Jahre des 20. Jahrhunderts ein geschlossener Industriekomplex heran, der von Batterien bis Elektronenröhren, von Automobil- bis Fernsehtechnik ein riesiges Spektrum von stromgetriebenen Apparaturen erzeugte. Kern war das 1897 eröffnete und immer wieder erweiterte Kabelwerk Oberspree, das auch in der DDR weitergeführt wurde und Qualitätsprodukte ins nichtsozialistische Ausland exportierte. In den KWO-Hallen arbeiteten 9000 Menschen, hier wurden die Starkstromkabel für die ersten Überlandleitungen in Deutschland hergestellt.
Diese Leitungen wurden mit ölgetränktem Spezialpapier isoliert. Solche kilometerlangen Ölkabel mussten auf großen Kabelrollen aufgerollt und dann mit Eisenbahn, Lkw oder Schiff an ihren Einsatzort transportiert werden. Die KWO bestückte rund 220 Kabeltrommeln. Am Tag. In einer dieser XXL-Rollen wie jener vor dem Industriesalon flohen vier DDR-Bürger in den Westen. In einige Hallen der KWO ist die Hochschule für Technik und Wirtschaft eingezogen, in anderen wird noch weiter produziert, heute vor allem Glasfaserkabel. Große Schlote und mehrstöckige Produktionsgebäude erinnern an die großen Tage der AEG. Vielen Hallen stehen weiterhin leer und vermodern langsam.
Viel Engagement ist gefragt
Der „Industriesalon Schöneweide“, Reinbeckstraße 9, 12459 Berlin, freut sich über Helferinnen und Helfer am 18. und 19.9., jeweils von 14–17 Uhr. Kontakt: Ralf Kowal 53 00 70 42, E-Mail: info@industriesalon.de, www.industriesalon.de