„Hallo, wie geht es dir?“, wiederholt Mohammed. Er ist erst seit ein paar Monaten in Berlin und Deutsch ist schwierig zu lernen. Mühsam malt er die lateinischen Buchstaben auf ein Blatt Papier und schreibt dahinter auf Pashto, seiner Muttersprache, die Übersetzung auf.
Wir sitzen in einem Zimmer in einen Flüchtlingsheim in Marzahn. Draußen ist es schon dunkel, drinnen versuchen zehn Flüchtlinge Deutsch zu lernen. Manchmal öffnet sich die Tür zum Gang, dann strömt der Geruch exotischer Gerichte herein.
Willkommenskultur trifft auf Rassismus
Ungefähr 40.000 Flüchtlinge kamen 2015 bisher nach Berlin. In den Medien tauchen viele Bilder mit klatschenden Deutschen auf, die die Flüchtlinge am Bahnhof begrüßen, Winterjacken für Spenden sammeln oder Essen in Notunterkünften austeilen. Gleichzeitig treffen sich aber jeden Montag tausende Menschen für die Pegida-Demonstration in Dresden und die Anschläge auf Flüchtlingsheime haben sich mehr als verdreifacht.
Deswegen ist es so wichtig, dass Menschen sich engagieren: Deutschunterricht geben, Fußballspielen mit den Kindern, einfach da sind, um zuzuhören. Eine Möglichkeit, sich zu engagieren, ist der Verein „Multitude“. Seit 2001 geben die Gründer kostenlosen Deutschunterricht in verschiedenen Heimen in Berlin, um Menschen zu helfen „ihre Stimme erheben zu können“, wie es auf der Webseite heißt.
Kostenlose Sprachkurse sind wichtig
Seit April 2013 bin ich dabei. Ich unterrichte einmal die Woche in einem Heim in Marzahn. Das macht Spaß und erweitert meinen Horizont, stellt mich aber auch vor Herausforderungen. Einige Menschen können zum Beispiel kaum Deutsch oder Englisch. Manchmal sind Gespräche dann schwierig und ich muss versuchen, mit Händen und Füßen unsere Sprache zu erklären.
Solche kostenlosen Angebote sind aber wichtig, denn der deutsche Staat bezahlt Sprachkurse für Flüchtlinge erst, wenn diese eine Aufenthaltserlaubnis von mindestens einem Jahr besitzen. Und bis so eine Erlaubnis gestattet wird, kann es dauern.
Neben Deutschunterricht gibt es auch eine Kinderbetreuung, damit die Erwachsenen in Ruhe lernen können. Die Kleinsten schauen sich Bilderbücher an oder puzzeln. Die größeren Jungs spielen Ball, die Mädchen tanzen zu Justin Bieber und fragen uns, ob wir feste Freunde haben.
Aufmerksam schenken und Mitgefühl zeigen
Sich genauso mit den Kindern zu beschäftigen, ist deshalb so wichtig, weil ihre Eltern wegen der vielen Behördengänge kaum Zeit haben. Manche von ihnen sind traumatisiert oder vermissen ihre alte Heimat. Einfach zuzuhören und Zeit zu schenken, kann ihnen da schon helfen.
Wenn ich danach wieder nach Hause fahre, schlafe ich manchmal fast in der S-Bahn ein, so anstrengend kann es werden. Aber Engagement ist jetzt so wichtig wie selten zuvor: Wir müssen beweisen, dass wir Mitgefühl haben und uns das Schicksal der Menschen alles andere als kalt lässt.
Man kann bei Multitude e.V. Deutsch unterrichten, Kinder betreuen oder in anderen Projekten mitwirken. Um aktiv zu werden, sollte man das Einstiegstreffen besuchen, das einmal im Monat stattfindet. Wer Lust hat, kann eine E-Mail an info@multitude-berlin.de schreiben oder die Webseite besuchen.