„Verlassen, verraten und verkauft“ – so fühlt sich Alexander Hanne, seitdem klar ist, dass sein Sohn keinen Platz auf dem Kreuzberger Leibniz-Gymnasium bekommt. Der Grundschulschnitt von 1,7 reichte nicht, beim Losen hatte der Elfjährige kein Glück, Zweit- und Drittwunsch klappten auch nicht, darum wurde ihm ein Platz in Mitte angeboten – 50 Minuten Fahrzeit, marodes Gebäude. Jetzt tut Hanne das, was viele der 984 Eltern tun, deren Kind bei keiner Wunschschule Glück hatte: Er telefoniert sich die Finger wund. Ergebnis bislang: null. Die zentralen und attraktiven Gymnasien sind voll.
Es gibt keine Übersicht über berlinweit freie Kapazitäten
Noch schwieriger ist es bei den Sekundarschulen, denn unter den 984 betroffenen Kindern sind rund 960, die eine Sekundarschule suchen. Für sie gibt es laut Bildungsverwaltung aber nur noch 650 freie Plätze an Sekundarschulen. Ob und wo jetzt zusätzliche Klassen aufgemacht werden, war am Mittwoch nicht zu erfahren. Im Vergleich dazu ist es an den Gymnasien extrem entspannt: Hier gibt es für die knapp 30 Suchenden noch über 630 Plätze. Die knappe Gesamtzahl von nur 1280 freien Plätzen verwundert, da im Februar 2500 Plätze frei waren. Etwa 400 Siebtklässler sind durch Zuzüge hinzugekommen. Dennoch bleibt eine Differenz von 800 Plätzen. Eine Erklärung könnte sein, dass einige Schulen mangels Nachfrage weniger Klassen als geplant aufmachen.
Erschwerend kommt bei der Suche hinzu, dass es keine Übersicht über berlinweit freie Kapazitäten gibt. Einzelne Bezirke geben zwar Listen heraus, mahnen aber, dass sich die Lage ständig ändert, denn bis Anfang Juni dauert die Frist, in der Eltern entscheiden können, ob sie einen angeboten Ersatzplatz annehmen.
160 Absagen in Tempelhof-Schöneberg
Bei einer Tagesspiegel-Umfrage hieß es zu Wochenbeginn, dass in Pankow noch die Tesla-Gemeinschaftsschule, die Hufeland- und Gustave-Eiffel-Sekundarschule sowie das Robert-Havemann- Gymnasium Plätze frei hatten. In Treptow waren noch Plätze am Anne-Frank- Gymnasium verfügbar, was sich aber laut Schulamt ebenfalls „jeden Tag ändern kann“. Ähnlich verhielt es sich mit dem Da-Vinci- und Ernst-Abbe-Gymnasium sowie der Heinrich-Mann-, Zuckmayer, Kepler- und Liebig-Sekundarschule in Neukölln.
Kapazitäten hat auch die Schule am Staakener Kleeblatt, Einzelplätze gab es in Spandau am Carossa- und Siemens-Gymnasium. Tempelhof-Schöneberg hat wegen seiner beliebten Sekundarschulen wieder die größte Zahl an Ablehnungen schreiben müssen: 160 Kinder bekamen keine Wunschschule, etliche müssen den Bezirk verlassen. Das Schulamt berichtet von den ersten Widersprüchen.