So flanieren wie auf der Heidestraße geht sonst nirgends in Berlin. Den sieben Meter breiten Gehweg hat man ganz für sich. Rechts eine maschendrahtbewehrte Mondlandschaft, links die tägliche Blechkarawane, noch weiter links liefern sich Baggerfahrer einsame Rennen gegen die eigene Langeweile.
Noch in diesem Jahr soll der vierspurige Boulevard mit Radfahrstreifen und Parkbuchten fertig werden. „Wir hoffen, schneller zu sein als angenommen“, sagt Martin Pallgen von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Angenommen wurde Ende 2016. Spätestens dann wird sich der tägliche Stau wahrscheinlich auflösen. Die Senatsverwaltung rechnet auch nach Fertigstellung des Quartiers nicht mit wesentlich mehr Verkehr. 42.400 Autos pro Tag werden für das Jahr 2025 prognostiziert, 2009 waren es 1000 weniger.
Im Sommer Baubeginn für erste Wohnungen
Noch in diesem Jahr starten die nächsten Bauprojekte in der sogenannten „Europacity“, zu der auch die bereits fertigen Hotels gegenüber dem Hauptbahnhof und der Total-Turm gehören. Der zweite Turm daneben, die Zentrale des Stromnetzbetreibers 50Hertz, ist schon im Rohbau fertig. Weiter nördlich beginnt der Bau des „Apothekerhauses“, dort will 2018 der Spitzenverband der Apotheker einziehen.
Die neuen Geschosswohnungen mit den breiten Terrassenfenstern in strenger kubischer Form sind nur schwer in Einklang zu bringen mit den schlichten grauen Gründerzeitfassaden, die Krieg und DDR-Grenzregime hier übrig gelassen haben. Haus Nummer 45 wirkt unbewohnt, ein paar Nummern weiter südlich sind die Klingelschilder noch beschriftet. „Haus Kunst Mitte“ steht über dem Hauseingang der 54. Hier residiert die „Asyl der Kunst“-Stiftung, die sich für Künstler einsetzt, die abseits des Marktes arbeiten.
Stadthafen wurde gestrichen
2025 werden die Schuppen, Hallen und Mietshäuser am neuen Boulevard liegen, der neuen Läden, Restaurants und Supermärkten Platz bieten soll. „Mal sehen, ob das alles auch so kommt. Der Stadthafen wurde ja auch schon gestrichen“, sagt Martin Schiewe, der an der Heidestraße eine Motorradwerkstatt betreibt.
Teure Eigentumswohnungen
Schiewe würde gerne bleiben, die Kundschaft aus den nahe gelegenen Bürotürmen weiß das konkurrenzlose Angebot zu schätzen. Den nächsten Händler gibt es erst in Wedding. Auch die Total-Tankstelle erscheint Schiewe durchaus sinnvoll an einer vielbefahrenen Bundesstraße, der B 96. Doch die Tanke passt nicht mehr in die neue Zeit, haben die Planer entschieden. Wann sie schließen muss, ist unklar.