Fußball-EM am Bahnhof Zoo

Wohnungslose gehen auf Torejagd

Bereits bei vergangenen Europameisterschaften konnten die Spieler auf dem Spielfeld ihre Alltagssorgen für einen Moment vergessen und gemeinsam Spaß am Sport haben.
Bereits bei vergangenen Europameisterschaften konnten die Spieler auf dem Spielfeld ihre Alltagssorgen für einen Moment vergessen und gemeinsam Spaß am Sport haben.
City West - Ende Juni kommt die Fußball-Europameisterschaft nach Berlin. Dann spielen nicht etwa die Schützlinge von Bundestrainer Joachim Löw um Pokale und Medaillen, sondern Wohnungslose und Obdachlose aus verschiedenen Ländern. Hier können sie ihr Fußballtalent und ihren Teamgeist zeigen - und dass viel mehr in ihnen steckt, als ihre Lebensumstände es vermuten lassen.

Tausende Menschen passieren täglich den Breitscheidplatz mit der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche und besuchen das Europa-Center oder das Bikini Berlin auf der anderen Straßenseite. Mitten zwischen diese Menschenmagneten mogelt sich am 26. Juni ein kleines Fußballfeld, auf dem zehn Mannschaften die Fußball-Europameisterschaft der Wohnungslosen austragen. Sie kommen aus Ungarn, Frankreich oder Griechenland und wollen herausfinden, wer von ihnen am besten mit dem runden Leder umgehen kann. Doch steht das Sportliche natürlich nur bedingt im Vordergrund. Alle Teilnehmer möchten auf Armut und Wohnungsnot aufmerksam machen. Nicht durch Vorträge, Plakate oder Ausstellungen, sondern mithilfe des Fußballs.

Fußball verbindet

Für Deutschland tritt die Berliner Obdachlosen-Fußballmannschaft an, die einmal die Woche in einer Sporthalle Nahe der Charité trainiert. „Vor allem das Teamplay ist für die Wohnungslosen ein wohltuender Kontrast zu ihrem oft harten Alltag“, sagt Andreas Abel vom gemeinnützigen Verein Gangway, der die Spieler betreut.

Viele sind durch familiäre Schicksale und Drogenprobleme in eine Situation geraten, in der sie nun soziale Einrichtungen betreuen. Zum Beispiel in Form eines Fußballvereins in dem sie Menschen treffen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden und mit ihnen Spaß haben: „Das stärkt vor allem das Gemeinschaftsgefühl. Außerdem können sie so auf sportliche Weise ihren Problemen begegnen und Kraft für den Alltag tanken.“

Hierfür stellt die Fußball-Europameisterschaft der Wohnungslosen die ideale Möglichkeit dar. Ihr Anliegen ist klar: auf konstruktive Weise auf die Notlage von Millionen Menschen in ganz Europa hinweisen. Darum darf auch eine Flüchtlingsmannschaft vom Verein Champions ohne Grenzen mitmachen. Ihre Spieler sind zwar nicht wohnungs- oder obdachlos, aber auch sie wissen genau, wie es sich anfühlt, aufgrund von Lebensumständen an den Rand der Gesellschaft gedrängt zu werden.

Bei allen anderen Teams kümmert sich der gemeinnützige Verein Anstoß! zusammen mit sozialen Einrichtungen aus den Teilnehmerländern darum, dass die Spieler nach Berlin kommen und mitmachen können.

„Wir wollen sie alle in ein anderes Licht rücken und zeigen, welches Potenzial in ihnen stecken und dass sie sich absolut nicht verstecken müssen“, sagt Abel. Gerade zum Breitscheidplatz am Bahnhof Zoo passt das, weil hier arm und reich jeden Tag aufeinandertreffen. Und sich die Menschen wohl schon daran gewöhnt haben, Wohnungslose und Obdachlose wie Luft zu behandeln.

Der European Homeless Cup findet am 26. Juni von 10 bis 18 Uhr auf dem Breitscheidplatz in einer übernetzten Fußballanlage statt. 2013 wurde das Turnier erstmals ausgetragen – damals in München. Danach war man zum Beispiel in Amsterdam und Manchester zu Gast. Die Eröffnung übernimmt Carsten Engelmann, Bezirksstadtrat für Soziales und Gesundheit in Charlottenburg-Wilmersdorf. Für die Siegerehrung hat sich Schauspieler Florian Bartholomäi angekündigt. Der Eintritt zur Veranstaltung ist frei. Über Spenden freut man sich hier – vor allem in Form von Klatschen und Anfeuern.

Gedächtniskirche / Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche, Breitscheidplatz 1, 10789 Berlin

Telefon 030 2185023
Fax 030 2176090

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Täglich von 10:00 bis 18:00 Uhr

Bei diesem Dach erklärt sich der Spitzname der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche von selbst: "Hohler Zahn".

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