Sie war ein Ort in Marzahn, der die Fantasie beflügelte: Die Alte Börse zog unternehmungslustige Innenstädter ebenso an wie Nachbarn aus der Umgebung. Für eine Berliner Location ging es schön entspannt zu – besonders im Biergarten, den es zeitweise gab. Künstler*innen hatten ihre Ateliers auf dem Areal, von dem sich der Bezirk erhoffte, es würde sich zu einem neuen Kulturstandort von mindestens stadtweiter Bedeutung entwickeln. Sogar einen Club, das Czar Hagestolz, gab es zeitweise in einem Nebengebäude.
Club und Braustube schon länger dicht
Nun steht die Alte Börse mitsamt dem „Marktplatz“ sowie ihrer Nebengebäude, dem „Beamtenwohnhaus“ und der „Verladestation“, zum Verkauf. Alles auf null, die Zukunft wird neu geschrieben. Das Areal war der zentrale Teil des ehemaligen Magerviehhofs, einem Handelszentrum für Nutztiere, das um 1900 gegründet wurde. Ab 2014 erfolgte die denkmalgerechte Sanierung des Börsengebäudes etwa mit Eichenparkett und Glasfaseranschluss, wie der Verkaufsbroschüre zu entnehmen ist. In den ersten Jahren gab es hier mit der Braustube Marzahn inklusive Biergarten öffentlich zugängliche Gastronomie, später noch mal einen zweiten Anlauf, am Ende wurde das Gebäude zur reinen Event-Location. Der Club musste ebenfalls schließen, es war die Rede von Anwohnerbeschwerden.
Besitzerin der jetzt zum Verkauf stehenden Bauten ist die Alte Börse Marzahn GmbH. Weitere umliegende Gebäude und Flächen wurden von ihr bereits veräußert. Das Gewerbe im nördlichen Teil des ehemaligen Viehhof-Geländes hat mit der Alten Börse ohnehin nichts zu tun. Ob die Location, rund 500 Meter vom S-Bahnhof Friedrichsfelde-Ost entfernt, doch zu abgelegen für den Restaurant-, Club- und Kulturbetrieb ist? Geschäftsführer Peter Kenzelmann gibt gegenüber QIEZ einen anderen Grund für die Entwicklung an: Man sei zu kleinteilig an die Sache herangegangen, habe etwa an zu viele einzelne Künstler vermietet. Jetzt möchte er die Filetstücke des Areals im Idealfall zusammen oder jedes der drei Gebäude für sich verkaufen. Insgesamt beträgt die Bruttogeschossfläche 3.400 Quadratmeter – der Verkaufspreis ist in der Broschüre mit 6,75 Millionen Euro veranschlagt. Angesichts der Preise in anderen Bezirken und der vielen schönen Räume hält Kenzelmann die rund 2.000 Euro pro Quadratmeter für sehr fair.
Doch noch eine Chance für Kultur?
Was genau mit der Alten Börse passieren wird, hängt also vom Käufer oder von der Käuferin ab. Der Noch-Geschäftsführer hält vieles für denkbar: Büros, wie bisher Tagungsräume oder wieder Gastronomie. Auch eine kulturelle Nutzung ist nicht vom Tisch. Vor einem Monat stieg die Ateliergenossenschaft Berlin aus den Verhandlungen mit der Alten Börse aus. Sie wollte vor Ort 40 Ateliers kreieren, schaffte es jedoch nach eigenen Angaben nicht, genügend „verbindliche Interessenten“ zu gewinnen. Trotzdem sei ein Käufer aus dem Kulturbereich nach wie vor denkbar, so Peter Kenzelmann. Am liebsten wäre es ihm, der Verkauf ginge schnell über die Bühne. Das Gelände sei „frei und bezugsfertig ab 1.1.2020“ – so steht es im Exposé. Bleibt also zu hoffen, dass die Alte Börse nicht wieder in einen Dornröschenschlaf versinkt. Wer dort einmal an einem lauen Sommerabend mit Freunden im Biergarten saß, vor sich ein leckeres Marzahner, wird das genauso sehen.
Wer sich für die Alte Börse und womöglich sogar ihren Erwerb interessiert, findet nähere Informationen auf der Webseite.