Berliner Persönlichkeiten zeigen ihren Kiez

Tyron Ricketts: Zurück nach Berlin!

Tyron Ricketts schaut immer gerne in Berlin vorbei - bald auch wieder für länger.
Tyron Ricketts schaut immer gerne in Berlin vorbei - bald auch wieder für länger.
Zurzeit lebt der ehemalige Viva-Moderator, Musiker und Schauspieler in den USA. Die Verbindung zu seiner ehemaligen Heimatstadt Berlin hat der 41-Jährige jedoch nie abreißen lassen - und plant nun sogar, hierher zurückzukehren. Im Interview verriet er uns die Gründe.

QIEZ: Was ist deine früheste Erinnerung an Berlin?

Tyron Ricketts: „Meine früheste Erinnerung ist ein Auftritt 1992 im Pfefferberg mit meiner damaligen Band K-Funk. Als unser Manager Georg Georgi uns verkündete, dass wir im ‚Modelapartment‘ von Berlin Models untergebracht sind, flippten wir beinahe aus. In Berlin angekommen war die Ernüchterung dann groß, als wir feststellen mussten, dass das ‚Modelapartment‘ eine recht heruntergekommene leere Bude in der damals sehr runtergerockten Rosenthaler Straße war. Models waren auch keine da!“

Wann bist du in die Stadt gezogen und für welchen Kiez hast du dich entschieden? Warum?

T.R.: „Ich bin 2003 nach Kreuzberg gezogen, weil Berlin unweigerlich zum kreativen Zentrum Deutschlands wurde. Die Wahl fiel auf Kreuzberg, weil ich die Mischung aus Kunst und ‚Straße‘ mag.“

Trotzdem hast du Deutschland 2012 verlassen. Kannst du uns nochmal die Hintergründe erläutern?

T.R.: „Die Bekanntschaft mit Harry Belafonte [vielfach ausgezeichneter US-amerikanischer Sänger und Schauspieler, Anm. d. Red.] eröffnete mir die Möglichkeit eine neue, andere Welt kennenzulernen. Eine Chance, die ich nicht an mir vorüberziehen lassen konnte.“

 

Jetzt planst du aber, wieder nach Berlin zurückzukehren. Warum, was ist deiner Meinung nach das Einmalige an der Stadt?

T.R.: „Ich mag an Berlin, dass die Mischung zwischen Weltstadt und Erschwinglichkeit, Struktur und kreativer Freiheit, Trubel und Rückzugsmöglichkeit stimmt. Außerdem vermisse ich meine Freunde.“

Möchtest du wieder in deinen „alten“ Kiez? Und hast du schon eine Wohnung oder einen Termin im Auge?

T.R.: „Ja! Für mich ist Kreuzberg nach wie vor der beste Stadtteil von Berlin. Ich habe auch meine damalige Wohnung hier behalten. Es gibt noch einige Projekte, die ich vor meiner Rückkehr verwirklichen möchte. Ich rechne zurzeit mit Mitte 2016 für eine Rückkehr. Auch wenn ich momentan in New York zu Hause bin und eine Zeit lang in LA gelebt habe, bringen mich Film- und TV-Projekte ja immer wieder regelmäßig in die Stadt zurück.“

Wo in der Stadt gehst du am liebsten essen? Wo kannst du entspannen?

T.R.: „Ich gehe gerne im Prenzlauer Berg essen. Am Kollwitzplatz und dem benachbarten Wasserturmplatz gibt es eine tolle Auswahl von interessanten Restaurants. Entspannen tue ich am liebsten im Umland am See. Welchen kann ich leider nicht verraten.“ [lacht]

Was nervt dich an Berlin?

T.R.: „Mich nervt es ein bisschen, wenn ich in meinem Stammfrühstückslokal auf Englisch angesprochen werde, weil man mich für einen Touristen hält. Mich nervt auch, wenn Leute ihre Wohnung als Urlaubsbude untervermieten und sich die Gäste aufführen als wären sie am Ballermann, obwohl auch noch andere Mieter in dem Haus wohnen. Vielleicht ist es auch das Karma, das auf uns zurück fällt, weil sich so manch‘ Deutscher im Urlaub ähnlich benimmt. Generell fände ich es schön, wenn Deutschland sich bewusster darüber wäre, wie gut es uns im Vergleich zu sehr vielen anderen Ländern in der Welt geht. Ich denke, es würde dann etwas weniger genörgelt werden.“

 

Derzeit wird in der Stadt verstärkt gegen Asylbewerberheime, Notunterkünfte für Flüchtlinge etc. demonstriert. Verfolgst du die Diskussion und wie beurteilst du generell die deutsche Einwanderungspolitik?

T.R.: „Leider bekommt man in den USA nur sehr wenig von diesem Thema mit. Generell ist es wichtig, uns vor Augen zu führen, dass der Wohlstand der 1. Welt – und Deutschland ist in dieser Kategorie recht gut platziert – auf dem wirtschaftlichen Rücken der Ärmeren entstanden ist. Wenn die steigende Not in anderen Ländern die Menschen dazu zwingt, zu fliehen und in den reichen Industrieländern Schutz zu suchen, finde ich es sehr kurzsichtig, den Zusammenhang nicht zu erkennen und sich darüber zu beklagen. Die Welt rückt immer näher zusammen. Es wird Zeit, sich daran zu gewöhnen.“

Du hast häufiger mit Xavier Naidoo zusammengearbeitet, der ja vor einigen Monaten unter anderem wegen eines Auftritts vor den sogenannten „Reichsbürgern“ in der Kritik stand? Was denkst du über die Debatte?

T.R.: „Ich weiß zu wenig über das was tatsächlich passiert ist. Prinzipiell halte ich es für sinnvoll, das Gespräch mit jedem zu führen. Wie sonst sollte jemals ein Konsens erzielt werden? Xavier mit Nazis in einen Topf zu werfen, ist natürlich absoluter und ‚augenscheinlicher‘ Unsinn. Ich habe Xavier als kritischen und hinterfragenden Menschen kennengelernt, der sich nicht scheut, seine Meinung zu vertreten und auch keine Angst davor hat, damit anzuecken. Nicht zuletzt durch ihn war ‚Brothers Keepers‘ damals ein erfolgreiches Projekt, das zur notwendigen Bewusstwerdung der damaligen Missstände beigetragen hat.

Verfolgst du die Hip Hop-Szene und wie hat sie sich deiner Meinung nach seit deiner Zeit bei VIVA entwickelt?

T.R.: „Um ehrlich zu sein verfolge ich die Hip Hop-Szene nicht intensiv. Ab und zu kommt mal ein Song raus, der mich flasht. Aber im Großen und Ganzen finde ich die ‚Gangsternummer‘ eher peinlich. Rap als Sprachrohr der unteren Schichten, die sonst keine Stimme haben, ist mehr als wichtig. Wenn diese Chance allerdings aus Profitgier und Geltungsdrang dazu genutzt wird, nur noch gewaltverherrlichendes Zeug von sich zu geben, ist diese Chance vergeben. Ich weiß, dass einige dieser ‚Gangsterrapper‘ eigentlich aus gutem Hause kommen und nur auf diesen Zug aufgesprungen sind um Kohle zu machen. Vielleicht bin ich aber auch einfach nur zu alt dafür. Dazu kommt, dass einem im Laufe der Jahre, die man in einem Land lebt, in dem täglich Menschen erschossen werden, eine andere Sichtweise auf die Macht mit Worten etwas verändern zu können eröffnet wird. Nur dummes Blabla ist für mich keine Option.“

Fans von Tyron Ricketts dürfen sich freuen! Ab 9. April ist der Schauspieler im Film Winnetous Sohn im Kino zu sehen. Außerdem arbeitet er an einem neuen Dokumentarfilm über westliche und alternative Heilmethoden und kümmert sich in New York um den Social Media Bereich einer von Harry Belafonte ins Leben gerufenen Künstler- und Kulturplattform. Wer mehr Aktuelles wissen möchte, schaut am besten hier vorbei.

Tyron Ricketts: Zurück nach Berlin!, Kollwitzstraße, 10435 Berlin

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