Aymann Azzawi ist der Mitgründer von RefuEat. Sein Projekt entsprang einer Erfahrung, die er vor einigen Jahren machte: Er selber ist Deutscher mit syrischen Wurzeln, aufgewachsen in Neukölln. Seine Frau lernte er vor dem Krieg in Syrien kennen. Als sie schwanger war, wollte er sie mit nach Berlin nehmen, doch das war nicht so einfach: Bei seiner Rückkehr 2014 war die Stadt auf einmal voller Geflüchteter und das Paar musste mit ihnen zusammen für eine Aufenthaltsgenehmigung beim LaGeSo anstehen.
Als Aymann die Zustände vor Ort erlebte, beschloss er zu helfen. Sein Ziel war es, den Geflüchteten Arbeit zu geben und so Austausch und Begegnung zwischen ihnen und den Berlinern zu ermöglichen, „eine Brücke zu schlagen“, wie er so schön sagt – und das geht nun mal sehr gut mit Essen. „Sprache kannst du unterschiedlich definieren: Es gibt die Körpersprache, aber auch die Sprache des Essens. Und wenn das Essen gut ist, sind alle glücklich“, sagt der 32-Jährige.
Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an
Vom Keller in den Gastrohimmel
Zwar ist er selbst Hobbykoch und liebt Essen, ein eigenes Restaurant war ihm aber anfangs zu riskant. So beschloss Aymann 2016, mit seinem Freund Constantin Bartning einen Cateringdienst zu eröffnen, der Street Food mit Fahrrädern ausliefert. Doch lange Zeit fanden sie kein geeignetes Modell. Also kauften die beiden Freunde ein Grill-Bike und bauten es mit Hilfe von Constantin Expertise für Fahrradtechnik zum Food Bike um. Die Anfänge waren hart, wie Aymann erzählt: „Das Fahrrad war einfach zu schwer. Es gab Schwierigkeiten mit Logistik und Hygiene, die Reifen sind ständig geplatzt. Trotzdem haben wir sechs Monate lang jeden Tag Essen ausgeliefert.“
Die Gerichte wurden mit den Fahrrädern bei Events in ganz Berlin ausgeliefert und vor Ort zubereitet. Nachdem RefuEat von den Medien entdeckt wurde, während befreundete Street Art Künstler das Food Bike auf dem Hermannplatz in bunten Farben mit Tape-Art verschönerten, durfte der Cateringdienst auch für große Events und Firmen liefern – sogar für das Bürgerfest des Bundespräsidenten.
Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an
Der Verkaufsklassiker im Imbiss ist ein längliches, eigens entworfenes Fladenbrot mit saftig-würzigem Falafel und selbst kreierter Soße. Dank einer Blase in der Mitte kann das Brot zu einer Tasche aufgeschnitten werden. Für den exotischen Frischekick im Sandwich sorgen Granatapfelkerne und Rohkostsalat. Dazu noch ein Glas frischer Ayran mit Minze und fertig ist das syrische Fast Food. Das kombiniert RefuEat mit regionaler Qualitätsware: Das Freiland-Lammfleisch für die Kibbeh (Bulgur-Fleischbällchen) ist aus Luckenwalde, das Tahin zu 100 Prozent Sesam, ohne Soja oder Erdnussspuren. Und das Schöne: Trotzdem bleiben die Gerichte erstaunlich günstig. Das Falafel-Sandwich kostet nur 3,50 Euro: „Wir wollen, dass die Leute uns erst mal kennenlernen“, sagt Aymann.
Biergartenfeeling an der Yorckstraße
Das Catering RefuEat gibt es zwar schon seit 2016, den Imbiss aber erst einen Monat. An der ausgebauten Produktionsküche sitzt es sich sehr nett auf Holzbänken, fast wie in einem kleinen Biergarten. Die Lage in der Nähe der S-Bahn Yorckstraße ist ihm wichtig, schließlich läuft auch das Cateringgeschäft weiterhin auf Hochtouren. Direkt nebenan führt eine Radschnellstraße entlang – perfekt für seine Food Bikes. Von denen besitzt Aymann inzwischen sechs Stück, die er für seine Zwecke perfektioniert hat. Und sie haben mehrere Vorteile gegenüber Food Trucks: Sie sind billiger, umweltschonender und schneller. „Wir sind auf Augenhöhe mit den Leuten. Die riechen und sehen, was und wie wir produzieren. Außerdem kommen wir mit den Bikes überall hin – sogar auf Dachterrassen“, so Aymann. Oder Parks, Gärten und Hinterhöfe.
Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an
Derzeit arbeiten vier Syrer bei Aymann und Constantin, bei Events helfen dann auch mal Verwandte mit. „Es gibt verschiedene Ebenen in unserem Konzept, in denen du dich als Geflüchteter finden kannst. Wir wollen Spaß bei der Arbeit haben und wir leisten einen Beitrag. Wir wollen zeigen, dass wir ein Volk sind, das sich integrieren will“, sagt Aymann. Jeder Angestellte darf dabei das tun, worauf er Lust hat und was er bzw. sie besonders gut kann: ausliefern, verkaufen oder kochen. Nur abwaschen muss jede*r mal.