Mit 17 war alles besser: So erinnert sich der um die fünfzigjährige Rocky (Jan Henrik Stahlberg), wie er als Rettungsschwimmer in Griechenland jobbte und Frauen am laufenden Band beglückte. „Sie sind blond, brünett – mollig und schlank, jung und warm und ich bin glücklich und frei.“ Sein ganzes Sein ist mit dem Erobern von Frauen verbunden, daher auch der nicht abschüttelbare Ruf als „Stecher von Wuppertal“. Egal, ob nun in der Sauna oder im Supermarkt – Rocky befindet sich immer auf der Pirsch, einzige Prämisse: Er will das Reh und nicht die ausgedehnte Hirschkuh, wie er es formuliert.
Was der fehlgeleitete Rocky bei seinen „Jagdausflügen“ erlebt, sind Abfuhren, die richtig wehtun, und zwar auch dem Zuschauer. Durch seine Fixierung auf Sex bleibt ihm bei so viel Misserfolg nur ein Leben in Tristesse. Mit dem Hund eine Runde drehen, starr glotzend Wurstbrot essen und sich mit Prenzlberger Spießern rumärgern, die ihn zu einer Partie Siedler einladen wollen. Herausgerissen wird Rocky aus seinem Trott durch den jungen Thorben (Franz Rogowski), der eines Tages vor seiner Türe steht und sich als sein Sohn zu erkennen gibt.
Zuvor hat Thorben, den Rocky vehement und ignorant Thorsten nennt, eine Frau im Supermarkt vergewaltigt und ist aus der geschlossenen Psychiatrie entflohen. Sein Ziel: Von Papa lernen, wie das mit dem Frauen verführen so funktioniert, denn er will nichts lieber, als auf seinen Penis reduziert zu werden. Nach anfänglichem Zögern willigt Rocky ein, den mehr als sexuell gestörten jungen Mann zu unterstützen. Die beiden ziehen durch Berlin-Mitte und versuchen in Clubs und Bars ihr Glück, leider vergeblich. Ihre letzte Rettung: Ein Selbsthilfekurs für Männer, die sich von einer Lehrerin zu Pick-up-Artists ausbilden lassen.
Der Film Fikkefuchs sorgte schon vor Kinostart für Furore, denn mit der Begründung „gegen die guten Sitten“ durfte das Filmplakat in Frankfurt und München nicht plakatiert werden. Diese Zündkraft steckt auch in der Story selbst: Schließlich wird hier ein extrem frauenfeindliches Verhalten gezeigt, was durch die Fälle Harvey Weinstein oder jüngst Roy Moore nicht nur für das Auge der Öffentlichkeit sichtbar wurde, sondern bis heute für Diskussionen sorgt.
Es werden aber auch andere wichtige Fragen aufgeworfen: Wie sehr werden Männer in ihren Erwartungen an Frauen durch die stets im Netz abrufbaren, männlich ausgerichteten Pornos beeinflusst? Der Independent-Film von Regisseur Jan Henrik Stahlberg (Muxmäuschenstill) macht hier einen technischen Clou und filmt den Fahrer, der Thorben nach Berlin bringt, im typischen Porno-Stil ab: Close-up und Ausschnitt von Genitalien, nur das hier zum Beispiel die Mundpartie genutzt wird. Somit wird die Allgegenwärtigkeit von Porno verdeutlicht, der bis heute Frauen als reines Mittel zum Zweck inszeniert. Ist das zeitgemäß? Wohl kaum. Aber auch die Vorstellung, dass Potenz und sexuelle Aktivität gleichzusetzen sind mit männlicher Erfüllung und der einzigen Form von Glück wird in Fikkefuchs gnadenlos vorgeführt.
Daher bietet die Story aktuellen Zunder, der dargestellte Humor ist jedoch richtig derbe, das mag man oder eben nicht. Leider findet sich die typische Pippi-Kacka-Lachnummer auch in diesem Film. Wir wollen auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass uns bei manchen Fäkal-Szenen ganz anders wurde. Wer das aushalten kann, der hat mit Fikkefuchs insgesamt einen mutigen Film vor sich und die braucht es! Die misogynen Figuren verlangen einem ganz schön was ab, zeigen aber auch auf der Leinwand wie viel Leid Frauenfeindlichkeit bei allen Geschlechtern hervorbringt – und diese Botschaft ist nie verkehrt!
Fikkefuchs startet am 16. November im Kino und läuft unter anderem im Eiszeit Kino, im Passage Kino und in Filmtheater Friedrichshain.