Es beginnt mit einem Geburtstagsständchen, das Amy Winehouse als Teenager einer guten Freundin darbietet. Deutlich wird in diesen ersten Sekunden des Dokumentarfilms nicht nur das gesangliche Talent des späteren Weltstars, sondern auch, dass „Amy“ tiefer geht und näher an sein Subjekt herankommt als schnell für das Fernsehen zusammengeschusterte Nachrufe. Der Grund: Regisseur Kapadia und sein Team schafften es mit viel Geduld, einige enge Vertraute von Winehouse zur Kooperation zu bewegen. Es handelt sich um ihre alten Freundinnen Juliette Ashby und Lauren Gilbert sowie Amys ersten Manager Nick Shymansky, die nach langem Zureden nicht nur zu Interviews bereit waren, sondern auch eigenes Filmmaterial zur Verfügung stellten.
Viele Stimmen, rundes Bild
Natürlich sind die Erklärungsansätze des Films vielschichtiger. Man erfährt von der Trennung der Eltern, der Erkrankung der Großmutter, von Amys Bulimie. Und dann sind da jene Menschen, die möglicherweise im entscheidenden Moment nicht zur Stelle waren: Ohne platte Schuldzuweisungen wird deutlich, dass dazu Winehouse‘ Vater Mitchell ebenso gehört wie ihr späteres Management. Auch diese Protagonisten beteiligten sich und kommen in „Amy“ zu Wort, obwohl sie nicht im besten Licht erscheinen. Zuvorderst ist hier außerdem Amys Ehemann Blake Fielder-Civil zu nennen, der mit seinem eigenen Konsum ein wichtiger Faktor bei ihren Drogenproblemen war.
Es geht in diesem starken, intensiven Film jedoch keineswegs nur darum, das Leiden und den Absturz der Amy Winehouse darzustellen. Die Musik, die unglaublich charaktervolle Stimme der Sängerin, sie bekommen ihren Raum: vom ersten Ständchen, den ersten Probeaufnahmen bei der Plattenfirma über Konzertauftritte bis zum späten Duett mit Jazz-Legende Tony Bennett.
Auch in Berlin ist Winehouse natürlich aufgetreten (im Film nicht zu sehen) – dort wirkte sie etwa 2007 im Tempodrom auf einen Autor der „FAZ“ eher entrückt. Ab Donnerstag, 16. Juni, ist sie zumindest auf den Kinoleinwänden der Hauptstadt wieder zu sehen.