Ganz schön nobel, denken wir, als wir uns durch einen Gang mit rotem Vorhang an der Bar mit den einladenden Sesseln vorbeibewegen, um zum Restaurant-Teil des Grace zu kommen. Schon vom Interior des Eingangs ziemlich eingenommen, kommen wir erstmal nicht aus dem Gucken heraus. Eindrucksvolle Kronleuchter, die in Vogelkäfigen hängen, Ledersessel und grüne Samtstühle sowie große Fenster, die einem das Gefühl von einem sommerlichen Gartenhaus geben.
Gehobene Eleganz steht in Sachen Flair ganz oben, Lampen mit Filmset-Optik brechen dies ein wenig auf. Das Schöne: Das Publikum ist durchmischt und einen Dresscode scheint es nicht zu geben. Wollpullover wird genauso getragen wie Blazer – das relaxt. Beim Blick in die Karte ist die Fusion Küche vom jungen Chefkoch Martin Bruhn nicht zu übersehen. Indische Gewürze zum Lamm mit Granatapfel, japanische Frucht zu italienischem Käse und amerikanischer Lobster mit chinesischen Wan Tan.
Teil-Prinzip soll gelebt werden
Wir entscheiden uns für das Menü, um möglichst viel testen zu können. Das kostet pro Person 69 Euro (ohne Getränk) – definitiv nichts, was man sich jeden Tag gönnen kann und man sollte schon sehr großen Hunger haben. Ansonsten ist es auch schön, sich das Menü zu teilen. Das Prinzip von meins ist auch deins, soll im Grace gerne gelebt werden, sagt uns Chefkoch Bruhn. So solle der Gast in einer neuen Fassung der Karte auch noch mehr dazu angeregt werden, indem die strikte Trennung zwischen Vorspeise und Hauptgang aufgeweicht werde.
Verschiedene Texturen, Kombis und die Suche nach Umami
Bereits der erste Gang unseres Menüs schmeckt richtig gut, und zwar wegen den Texturen und ausgewogenen Geschmacksnuancen. Da treffen knackige Zucchini auf cremigen Burrata-Käse mit erfrischender Note der japanischen Yuzu. Die sieht zwar ähnlich wie eine Zitrone aus, schmeckt aber ganz anders, allerdings schwer zu beschreiben wie genau: vielleicht ein Mix aus süßer Mandarine, herber Grapefruit und Limette. Auf jeden Fall ein Hybrid, den es in Japan zu Süßspeisen, aber auch als Gewürz zu Fleisch und Fisch gibt. Sollte man selbst ausprobieren! Herausragend ist im Menü das Lamm (noch nie so zart gegessen) mit der scharfen Tikka Masala Gewürzmischung, die klassischerweise zur Würzung von Huhn genutzt wird. Darin befinden sich eingängige Aromen: von Kardamom über Kreuzkümmel bis hin zu Curryblättern. Unser Favorit der 7-Gänge ist der Black Cod mit Miso und eingelegtem Gemüse. Der Fisch ist butterzart, zerfällt blättrig und hat etwas Herbes wegen der dunklen Kruste. Die Süße der Miso wird mit der Säure des Gemüses aufgefangen – das sorgt für Spannung auf der Zunge.
Einige der Gerichte sind nach dem Zusammentreffen zwischen Bruhn und der Köchin Lisa Stalvey aus Malibu entstanden. Daher auch die kalifornische Note beim Crisp Salad oder dem Wagyu Tataki . Wie uns Chefkoch Bruhn erzählt, hat er zudem vor kurzem Saigon und Bangkok bereist, um sich auf den Märkten und Restaurants durchzutesten. Das bringe ihm viele neue Ideen für die Grace-Karte. Bruhn arbeitete laut eigener Aussage zuvor vier Jahre als Sous Chef im Fischers Fritz. Als er 2015 im Grace das Runder übernahm, gab es vor allem klassische Gerichte. „Das Rinderfilet gibt es immer noch, dazu findet der Gast aber nun viele Gerichte mit asiatischem Twist, die fernab des Mainstreams sind“, so der junge Koch weiter.
Um die Gäste zu überraschen, gebe es regelmäßig neue Gerichte, die alle probegekocht werden, damit alles am ersten Tag klappe, so Bruhn weiter. Schon Mitte März soll es ein neues Menü geben. Wir wollen wiederkommen, wenn sich ein besonderer Anlass ankündigt.