Durch den Kiez

Finn: Nie wieder Casting für den angehenden Popstar

Wie Teile des Mauerparks künftig bebaut werden sollen, dürfen die Anwohner nicht mehr mitbestimmen.
Wie Teile des Mauerparks künftig bebaut werden sollen, dürfen die Anwohner nicht mehr mitbestimmen. Zur Foto-Galerie
Der Singer-Songwriter Finn ist ein absoluter Newcomer am Pop-Himmel. Gerade ist sein erstes Album Wie Weit erschienen. Bei einem Spaziergang durch seinen Kiez erzählt Finn von nervigen Castingshows, seiner musikalischen Familie und seinen Plan B.

14 Uhr im Prenzlberg. Die Sonne scheint, Vögel zwitschern und mit den ersten Frühlingsanzeichen kommt auch die Lust aufs erste Eis. Im Café Schwesterherz steht Finn hinter der Eistheke und probiert ausgefallene Eiskreationen aus. Kurz, nachdem er nach Berlin zog, jobbte Finn in der Sommersaison als Eisverkäufer in dem kleinen Café. „Ich weiß gar nicht mehr, wie man solche Eiskugeln macht“, sagt der 24-jährige Sänger, während er sich ein Lachen verkneift.

Finn schaut immer noch gerne im Café Schwesterherz vorbei.

Mittlerweile wohnt er seit sechs Jahren in Berlin. Finn heißt eigentlich Marlon Bertzbach und kommt aus Fischerhude, einem Künstlerdorf unweit von Bremen. Das ist ein ganz schön berühmter Ort, schon der Dichter Rainer Maria Rilke lebte hier für eine Zeit. Der Künstlername Finn entstand spontan, als er mit Freunden und ein paar Flaschen Bier nach einem Bonobo Konzert an der Spree saß. „Eigentlich steht da nichts Spannendes hinter. Finn das klingt nordisch und das passt zu mir.“ Der Norden, das erinnert ihn an sein Heimatdorf, in das er immer noch verliebt ist, und vor allem an Knipp, eine norddeutsche Grützwurst aus Hafergrütze, Fleisch und Speck: „Knipp wird kräftig in der Pfanne angebraten. Das ist zwar extrem fettig, aber schmeckt dafür super.“

Vermissen tut er die nordische Spezialität hier aber nicht. Finn verzichtet nämlich seit einem Jahr komplett auf Fleisch, weil er die Zustände in der Massentierhaltung nicht länger ausblenden will: „Von heute auf morgen hab ich mich dazu entschlossen, kein Fleisch mehr zu essen und fühle mich sehr wohl damit.“ Vegetarische Gerichte isst er am liebsten im Soy am Rosa-Luxemburg-Platz. Hier bestellt er am liebsten gebratenes Gemüse mit Reis, was traditionell in einem Tontopf serviert wird. Kulinarisch verschlägt es Finn auch gerne mal in das israelisch-palästinensische Restaurant Kanaan: „Dass die Besitzer ein Israeli und ein Palästinenser sind, ist schon was Besonderes.“

Sogar Finns Oma rockt

Finn wuchs in einer musikalischen Familie auf, sein Talent liegt ihm also quasi im Blut. Nicht nur sein Bruder Lennard Bertzbach, der neben den jungen Ochsenknecht Geschwistern in Die Wilden Kerle zu sehen war, sondern auch sein Vater und selbst seine Oma verbindet die Liebe zu der Musik. Gemeinsam gibt die ganze Familie jedes Jahr ein Weihnachtskonzert in ihrem Heimatdorf.


Bei Cappuccino und Rote Bete Kuchen im Nothaft und Seidel, seinem Lieblingscafé, sprechen wir über Finns Erfahrungen mit Castingshows. 2010 belegte er den fünften Platz bei der Vox-Show X Factor. Damals war er 17 Jahre alt, gerade aus der Schule raus und wusste, er will irgendwas mit Musik machen. „Ich war wirklich naiv und jung, geblendet von dieser wahnsinnigen Welt und hab mir alles aufquatschen lassen.“ Dank seiner damaligen Nachbarin, der besten Freundin von Sängerin Sarah Connor, schafft er es in die Show und genoss die Aufmerksamkeit, die er dort bekam. „Als ich dann rausgeflogen bin, war der Traum von der großen Musikkarriere zerstört. Zurück in meinem Dorf bin ich erstmal in ein riesiges Loch gefallen,“ erinnert sich der 24-Jährige, während wir durch die Stargarder Straße bummeln, vorbei an seiner 1-Zimmer-Wohnung.

Im Nothaft und Seidel: Finn ist ein absoluter Kaffeeliebhaber.

Kurz darauf, beschließt Finn nach Berlin zu ziehen. „Die Musik hat mich dazu bewegt, herzukommen. Ne coolere Stadt als Berlin gibt es für mich einfach nicht.“ Obwohl Finn mehr als 60 Tausend monatliche Hörer bei Spotify zählen kann, reicht die Musik aber noch nicht zum Überleben. Deshalb arbeitet der Musiker nebenbei als Erzieher in einem kleinen Kindergarten, ebenfalls im Prenzlberg. Jeden Morgen klingelt um 5 Uhr 30 sein Wecker, damit er die Kleinen im Alter von 1 bis 5 Jahren bespaßen kann.

Viel Zeit für Party bleibt da nicht, aber feiern gehen ist eh nicht so sein Ding. Das letzte Mal ist er dann doch im Mein Haus am See gelandet. „Da gibt es unten einen Raum mit einer sich drehenden Tanzfläche. Das ist total witzig!“ Trotzdem trifft sich der Musiker lieber zu Hause mit Freunden und ab und zu kehrt er ins Haliflor auf ein Glas Weißwein ein.

Erstes Album ist sehr persönlich

Finns handgemachte Musik beschreibt er selbst als deutschen Liedermacher-Pop. „Viele meiner Songs sind in den vergangenen fünf Jahren entstanden, aus verschiedenen menschlichen Beziehung heraus,“ erzählt er während wir durch den Mauerpark schlendern. Hier sitzt er oft im Sommer und spielt Gitarre. Die 14 Songs auf seinem ersten Album spiegeln intime Geschichten aus seinem Leben wider. Die poetischen Texte handeln von Liebe, Sehnsüchte und Trennungen.

In seinem Heimatdorf sang Finn in einem klassischen Chor.

Finns Debütalbum Wie Weit ist ihm eine Herzenssache, denn zurück auf die Castingbühne will er auf keinen Fall. „Ich glaube ja, dass in diesen Talentshows nichts echt ist. Es geht da doch gar nicht mehr um die Menschen, die Lust haben Musik zu machen. Das einzige was dabei noch zählt, sind die Zahlen und das Geld, das am Ende fließt. Das ist nicht das, was ich will.“ Finn steht eher auf ehrliche live Musik, in der er ganz er selbst sein kann.

Übrigens, du kannst ihn am 10. April in der Baumhausbar des Musik und Friedens sehen. Danach geht er dann als Support von Emma6 auf Deutschland-Tour.

Foto Galerie

Mauerpark, Gleimstraße 55, 10437 Berlin

Mauerpark

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