Als Treffpunkt hat sich Florentine Joop das Café Solvey gewünscht. Viele Blümchen, Oma-Porzellan und weiße Holzmöbel – ja, dieser Ort besitzt Charme. Was unsere Gesprächspartnerin daran so schätzt? „Na, die Solvey“, lächelt Joop. Solvey, das ist Solvey Drees, die Inhaberin des Cafés, die für uns ihren Laden am Ruhetag aufgesperrt hat. Und die immer für einen „Klönschnack“, wie Joop es nennt, zu haben ist. „Ich mag Läden, die ein Gesicht haben“, erklärt sie. „Solvey weiß, was in der Nachbarschaft so los ist. Das hat für mich Dorfcharakter.“
Nebenan befindet sich Joops Lieblingsitaliener Il Santo. „Das war das erste, was ich entdeckt habe“, erzählt sie. Seit Anfang 2008 lebt Florentine Joop in der Rosenthaler Vorstadt. Dort hat sie zwei Wohnungen übereinander, die zusammen rund 100 Quadratmeter ergeben – und einen Garten. „Mit Kindern fragt man sich schon manchmal: Wo sind in dieser Loftwohnung die Türen?“, sagt sie lächelnd. „Wenn der Garten nicht wäre, wären wir schon ausgezogen.“
Am Wochenende fährt die Familie – aktuell bestehend aus Florentine, ihren Zwillingen, ihrem neuen Freund und dessen Sohn sowie zwei Hunden – häufig nach Potsdam auf das Familienanwesen Bornstedt. „Da ist Platz und die Kinder sind beschäftigt. Und gleich dazu: Nein, ich werde nicht nach Potsdam ziehen!“ Das wollte ich eigentlich gar nicht fragen. „Es gibt ja so Stadtmüde, aber ich gehöre nicht dazu. Warum zur Hölle muss man denn nach Zehlendorf ziehen, nur weil man Kinder hat?“ Joop ist temperamentvoll. „Dabei ist es so viel schöner hier in Mitte. Gerade mit Kindern.“ Zu Fuß sei sie schnell im Park und im Freibad im Humboldthain. „Das ist ein echtes Freibad von früher mit Pommesbude, Turm, Liegewiese und einem superunfreundlichen Bademeister“, so Joop. „Im Park sammeln wir Schnecken.“
Wie die Schanze in den 90ern
An ihrem Kiez liebe sie vor allem, dass man nicht wisse, in welcher Stadt man gerade sei. „Ich rieche die Linden und weiß ‚Ja, das ist Brandenburg‘, aber ansonsten: Auf den Spielplätzen wird kaum Deutsch gesprochen. Ganz viel findet draußen auf der Straße statt, das gibt dem Ganzen so ein Altstadtgefühl. Und ein paar Schritte weiter am Rosenthaler Platz und am Hackeschen Markt ist Remmidemmi, die Stadt hat hier so ein wechselhaftes Gesicht“, findet Joop. „Außerdem gibt es noch viele kleine Läden – das erinnert mich an die Schanze in den 90ern.“ Joop ist in Hamburg geboren und aufgewachsen und pendelte lange zwischen Hamburg, Berlin und Potsdam.
Was sie nicht mag, ist der Umgangston der Berliner, die Aggressivität. „Da ist Hamburg echt anders. Man rotzt sich hier sehr deutlich an – ich meine auch nicht die Berliner Schnauze, sondern einfach Unfreundlichkeit“, sagt Joop. „Darunter habe ich am Anfang meiner Berlin-Zeit sehr gelitten. Ob Banker oder Handwerker, ich habe das Gefühl, man hat eine andere Auffassung davon, wie man Geschäfte macht.“ Und die Baustelle an der Invalidenstraße verleitet sie auch zu einem kleinen Wutausbruch über die Unfähigkeit der Berliner. Dann kommt sie aber wieder zurück auf ihren Kiez: „Nein, in meiner Gegend ist es schön verschnarcht und einfach echt schön.“
GNTM und steuerflüchtige Griechen
Über die Familienfehde der Joops wurde genug berichtet, das Thema ist durch. Wie die Joop-Tochter allerdings Papas Auftritt als Juror bei der Sendung „Germany’s Next Topmodel“ findet, wollen wir schon wissen. „Ich hasse, hasse, hasse diese Sendung!“, echauffiert sie sich. „Sie ist Gift fürs Körpergefühl junger Mädchen heutzutage. Aber ich kann die Beweggründe meines Vaters absolut verstehen. Wir sind zwei verschiedene Menschen, die machen können, was sie wollen! Und er ist dadurch unglaublich viel berühmter geworden.“
Nächstes Thema: Ein spezieller Szene-Italiener um die Ecke hat nach Joops Meinung den Hype nicht verdient. Bei dem brummt der Laden so, dass der Inhaber gleich das ganze Haus kaufen wollte. Solvey bringt sich mal eben ins Gespräch ein und erzählt uns, dass sie das Haus, in dem sie ihr Café führt, auch gern gekauft hätte: „Aber das gehört einem Griechen, der ist steuerflüchtig und nach London abgedampft.“ „Siehste, solche Infos sind wichtig“, erklärt mir daraufhin Joop. „Wenn du in der Großstadt Bescheid wissen willst!“
Einen Eindruck von Florentine Joops Arbeit vermittelt die Ausstellung „Waiting for my Man“ anlässlich der Eröffnung der Kanzlei Reinberg | Meyer | von Beust.