Foto-Blog Berlin in den 90ern

1994, wo bist du hin?

Rykestraße in Prenzlauer Berg, 1992
Rykestraße in Prenzlauer Berg, 1992
Hier, nur 20 Jahre früher – Die Fotos von gestern sind der Blogeintrag von morgen. "Berlin in den 90ern" zeigt Schnappschüsse, die der Blogger auf Streifzügen durch die Stadt aufgenommen hat, zwanzig Jahre alt, mit längst vergangenen Motiven. Ein Blog zum Stöbern, Durchklicken, ostalgisch werden.

Erinnerst du dich noch an die guten alten Tage? Als der Techno begann, den Untergrund wach zu halten. Als Altbauten noch Altbauten waren, unsaniert, ungeschönt und auch so viel gekostet haben. Als Mitte und Tiergarten langsam aufgerissen und bebaut wurden. Als Trabis durch die Straßen fuhren. Kurz bevor sich die ganze Szenerie verändert hat. Einmal macht man die Augen zu und … dabei war 1994 doch erst gestern – gestern vor 19 Jahren.

Ein Tumble-Log ist jetzt an den Start gegangen, die vor 23 Jahren vergangene Dekade wieder vor Augen zu führen. „Berlin in den 90ern“ ist ein Blog, das sein Versprechen einlöst. Meist zwei Bilder pro Woche erscheinen auf der Seite von Michael Lange – Häuser, Straßen, Fassaden, Plätze, Autos, U-Bahnaufgänge. Schon als er Anfang der 90er als Tourist ab und zu in die vibrierende Metropole kam, hat Lange die Kleinbildkamera mitgehabt. Erst recht, als er 1994 dann Wahlberliner wurde. Auf seinen Stadtspaziergängen zumeist durch Mitte und Tiergarten lichtete seine kleine Nikon Baustellen und bröckelnden Putz gleichermaßen ab wie den Checkpoint Charlie oder die Mauer.

Lebensgefühl vergangener Orte

Und gerade in den vermeintlich langweiligen Fotos aus den 90ern, den Schnappschüssen irgendwelcher Straßenzüge und Baustellen, liegt der Geist des Wandels. Das spürt auch Lange, so kam er auf die Idee den Blog zu starten. Nach fast zwanzig Jahren sind doch die spannendsten Bilder die, auf denen etwas abgebildet ist, das jetzt nicht mehr steht. Zeitgeist, ein Lebensgefühl, ein Auto, ein Ort, der vergangen ist, nur noch Erinnerung und Fotografie. Und Blogeintrag.

Für den Blogger ist es vergleichsweise aufwendig, die Aufnahmen zum Gemeingut werden zu lassen. Die Bilder existieren als Negative, die er einscannt und nachbearbeitet – undenkbar in der Smartphoneära. Bei manchen Farbaufnahmen ist die Übertragung nicht ganz komplikationslos, zunächst sind also fast ausschließlich farblose Aufnahmen im Netz.

Das Schwarz-Weiß lässt die 90er noch weiter in die Vergangenheit rücken. Ostalgie kommt beim Betrachten genau so auf wie eben jenes Gefühl, das Lange damals in die Hauptstadt trieb: Das Gefühl, dass hier etwas passiert, dass die Stadt nicht stillsteht – die vibrations einer flirrenden, freien Stadt. Gibt es das noch? Das wilde, das unfertige und rohe Berlin? Ab und zu stellt der Blogger Alt und Neu gegenüber, zeigt die Friedrichstraße Ecke Französische Straße 1994 und 2013, beides in Schwarz-Weiß. Und man merkt: Die Stadt macht sich, sie ist weniger roh. Aber immer noch wild.

QIEZ bleibt dem „Berlin in den 90ern“ treu, taucht ein in Vergangenheit und holt euch ab jetzt in regelmäßigen Abständen Bilderstrecken zu bestimmen Bezirken und Kiezen hervor. Die erste Anlaufstelle für eine gehörige Portion Retrospektive geht aber weiterhin über 90erberlin.tumblr.com!

1994, wo bist du hin?, Rykestraße 53, 10405 Berlin

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