Friedrichshain besticht nicht gerade durch sehr viele separate Kieze. Die Gegend um den Rudolfplatz hat immerhin genug Namen für ein paar weitere Stadtviertel. Glühlampenkiez wurde das frühere Industriegebiet gern genannt. Verkehrsschilder, die von der Stralauer Allee ins Viertel weisen, schildern es dagegen als „Oberbaum-City“ aus.
Aber eigentlich handelt es sich bei der „City“ um ein eher vergessenes Geflecht aus rechteckig angeordneten Gassen. Überall blitzt roter Backstein auf, wenn nicht gerade Betonmischer die Sicht auf unfertige Rohbauten versperren. Hier wird viel gebaut, meist Bürofläche, jedenfalls Großes. Aber was dort schon länger vorhanden ist – Kneipen, Cafés, ein Spielplatz – macht unverschuldet den Eindruck des Entrückten. Zu ab vom Schuss wirken die Industriestraßen, als dass man sie noch mit dem Puls Berlins in Verbindung brächte.
Dabei ist der Kiez so klein, dass man zu jedem ersichtlichen Horizont hin nicht nur ein Ende des Viertels erspäht, sondern auch an den zentralen Standort in Friedrichshain erinnert wird: Die nie versiegenden Touristen- und Nachtschwärmerströme auf der Bahnbrücke der Warschauer Straße, das abgehobene Nhow Hotel auf der anderen Seite der Stralauer Allee, die nahe Oberbaumbrücke.
Wäre der Rudolfkiez ein Mensch, er wäre kein verschlafener Nesthocker. Er wäre der Kerl auf einer überfüllten Party, der in einer Ecke neben den Boxen seelenruhig zu schlafen vermag. Bald wacht er auf und feiert, als sei er niemals eingepennt. Ein bisschen wie der Matrix Club, der sich unter der Bahntrasse eingenistet hat …