Big Data, Gesichtserkennung, Google Street, Social Media – unsere gesamte Existenz wird in einem nie da gewesenen Maße fotografiert und visualisiert. Zehn internationale Künstler hinterfragen derzeit im C/O Berlin unser Bedürfnis nach Sicherheit, womit immer wieder die permanente Überwachung begründet wird. Zu sehen sind Selbstüberwachungsprojekte, Aufnahmen von öffentlichen Überwachungsvideos, Filme, Fotografien und Installationen verschiedener Medien.
Schon beim Betreten der Ausstellungsräume erkennt man sich selbst auf den Bildschirmen wieder. Aber das überrascht kaum, denn überwacht werden wir schließlich überall. Von staatlich genutzten Technologien bis hin zu täglichen Posts auf Instagram, wir profitieren von den neuen Technologien und sind bereit, unser Leben immer öffentlicher werden zu lassen. Ist es überhaupt möglich, nicht gesehen zu werden?
Wie sich Überwachung am eigenen Leib anfühlt, weiß auch der chinesische Künstler Ai Weiei. Nachdem der Menschenrechtler 2012 aus der Haft entlassen wurde, installierte die chinesische Behörde rund um sein Haus 15 Kameras, die Ai Weiwei 24 Stunden lang überwachten. Der mittlerweile in Berlin lebende Künstler setzte aber noch eins oben drauf: Er startete das Selbstüberwachungsprojekt WeiweiCam, das Teil der Watched! Ausstellung ist und installierte selbst Kameras in seinem Haus, die Live-Bilder auf seine Internetseite veröffentlichten. Nach 46 Stunden zwangen ihn die Behörden, die Website offline zu nehmen. Trotzdem erreichte die Seite mehr als 5,3 Millionen User im Nutzer.
Kontrolle ist gut, Vertrauen ist besser?
Als Besucher der Ausstellung fängt man an, darüber nachzudenken, wie viel Freiheit und Selbstbestimmtheit wir aufgeben müssen, um in Sicherheit leben zu können. Hierfür hat die US-amerikanische Künstlerin Jill Magid das nicht öffentliche Überwachungssystem der Stadt Liverpool in ihre Performence miteingebaut: Magid bat Angestellte von City Watch, die für die Videoüberwachung in Liverpool zuständig sind, sie an verschiedenen Orten der Stadt zu filmen. Dabei lässt sich die Künstlerin mit geschlossenen Augen von ihnen durch die Straßen führen. Sie trägt dabei stets einen knallroten Trenchcoat.
Die Performance, an zwei überdimensionalen Leinwänden des C/O geworfen, zeigt die Aufnahmen der Überwachungskameras. Ein Knopf im Ohr lässt ein intimes Zwiegespräche zwischen der Künstlerin und den Überwachern hinter der Kamera entstehen. Trust nennt Magid ihre Arbeit. Dabei ist es doch gerade das Vertrauen, das durch unsere moderne Überwachungsgesellschaft verloren geht.
Watched! macht deutlich, wie sehr Überwachung zu einem globalen Alltagsphänomen geworden ist. In Zeiten von gehackten Mails, abgehörten Handys und videoüberwachten U-Bahnhöfen hinterlässt die Ausstellung Fragen, vielleicht auch Ängste vor dem, was möglich ist. Doch es steckt auch ein subversiver Ansatz hinter den künstlerischen Positionen: Mit den Möglichkeiten des kreativen Aufstandes all das öffentlich zu machen, was im Geheimen passiert und mit den zur Verfügung stehenden Mitteln die alltäglichen Überwachungspraktiken aufzuhalten.
Die Ausstellung Watched! Surveillance, Art & Photography im C/O Berlin läuft noch bis zum 23. April. Der Eintritt kostet 10 Euro (ermäßigt 6 Euro). Außerdem kannst du dir im Museum für Fotografie noch bis zum 2. Juli die Ausstellung Watching You, Watching Me ebenfalls zum Thema Überwachung und Fotografie ansehen.