Ein großer Garten am Stadtrand ist der Schauplatz der ersten freien Trauung, die ich miterlebe. Freunde, die der Kirche eher fern stehen, heiraten. Mitten auf der riesigen Wiese sind Stühle für die Gäste aufgebaut. Nachdem alle Platz genommen haben, gibt es zunächst ein Intro von einem talentierten Gitarrenspieler, ehe die Traurednerin übernimmt. Sehr sympathisch erzählt sie aus der gemeinsamen Zeit des Brautpaares. Vom ersten Kennenlernen bis zur Hochzeit. Es sind Anekdoten dabei, die selbst viele Freunde noch nicht kennen. Am Ende legen Braut und Bräutigam ein Ehegelübde ab und der Hochzeitskuss fehlt auch nicht.
Nicht jedes Paar hat gleich viel zu erzählen, nicht jede Traurednerin macht daraus eine derart gelungene, runde Geschichte. Doch auf dieser Feier ist die Rede das Herzstück, das in Erinnerung bleiben wird. In Berlin spreche ich mit Jennifer Krawehl, die ihr eigenes Unternehmen Goldkehle betreibt und Claudia Seibt, Geschäftsführerin der Agentur Traumhochzeit. Zwei erfahrenen Traurednerinnen, die sich entschlossen haben gemeinsam eine Traurednerschule zu eröffnen. Denn nicht jede/r, der sich zu dieser Aufgabe berufen fühlt, ist ohne Übung geeignet. Man müsse menschenaffin, sympathisch und seriös sein, gut zuhören, schreiben und sich präsentieren können, sagen Krawehl und Seibt. Dazu kommen ganz viel Chemie und Bauchgefühl.
Eine Schule für Trauredner
Die Traurednerschule Berlin haben Krawehl und Seibt gegründet, um etwas für den Ruf der Branche zu tun. Es handelt sich um keinen Ausbildungsberuf, jede/r kann theoretisch als Trauredner auftreten. In der Schule bieten Jennifer Krawehl und Claudia Seibt ein fünftägiges Expertenseminar an, an dessen Ende sich die Teilnehmer*innen von der IHK zertifizieren lassen können.
Das Ritual der freien Trauung und die Rede selbst sind Teil des Seminars; es geht um den Beruf insgesamt, vom Kaufmännischen bis zu Gestik und Mimik, und natürlich dürfen sich die angehenden Redner*innen an praktischen Übungen versuchen. Alternativ gibt es an der Traurednerschule Berlin ein zweitägiges Kompakt-Seminar und einen Erlebnis-Workshop, bei dem man für einen Tag reinschnuppern und sogar eine Rede live miterleben kann. Vielleicht findet ja die eine oder der andere – männliche Trauredner sind bisher klar unterrepräsentiert – seine Berufung. In einem „Business, das durch und durch glücklich macht“ (Claudia Seibt).