Wer von der verkehrsberauschten Schönhauser Allee zwischen Senefelderplatz und Kulturbrauerei in den großen Backsteinbau samt Kirchturm mit der Hausnummer 161 abzweigt, betritt eine andere Welt. Eine, in der Stille gesucht und gefunden werden kann. Oder der Sinn des Lebens. Oder auch einfach eine Tasse Tee und ein nettes Gespräch. Das Stadtkloster Segen ist eine Mischung aus Kirche, Gästehaus mit sieben Zimmern, idyllischem Garten und Wohnraum der Communität Don Camillo, der Stadtkloster-Gemeinschaft. Diese hat gerade ihr fünfjähriges Bestehen im Prenzlauer Berg gefeiert.
Ursprünglich kommt die Gemeinschaft, bestehend aus zwei Familien und zwei Singles, aus der französisch-sprachigen Schweiz. Georg Schubert, Leiter der Gemeinde, resümiert: „Am Anfang steht eine Idee und dann muss sich im Lauf der Zeit zeigen, ob sie tragfähig ist und ob sie nur die anspricht, die sie hatten, oder ob auch andere einsteigen. Und unsere Idee ist nach fünf Jahren so weit tragfähig, dass wir hier leben können und dass Leute aus dem Kiez die Angebote nicht nur besuchen, sondern auch mittragen.“ Rund 20 Leute würden hier mittlerweile regelmäßig bei der Gestaltung mithelfen und mit anpacken.
Ein Kloster in modernerem Gewand
Dabei ist das Kloster keines im eigentlichen Sinne. „Ah, ein Kloster, dann gibt es hier Nonnen und Mönche. – Nein, wir sind Familien. – Aber ein Kloster ist doch auf dem Land? Was machen die in der Stadt?“, erzählt Schubert von den vielen Fragen, die immer wieder kommen. „Unseren Namen müssen wir häufig erklären. Ein Kloster weckt auch viele Sehnsüchte und Hoffnungen, da kann ich einfach hin und die sorgen für mich. Aber das können wir nicht leisten.“ Was die Gemeinde dagegen kann: einen eingeschränkten Teil der Kirchenarbeit übernehmen. So werden hier Formen des Gebetes und des Gottesdienstes angeboten, die nicht ganz so alltäglich sind, das heißt beispielsweise, dass der Gottesdienst aktiv mitgestaltet werden kann, dass jeden Sonntag um 21 Uhr Abendbesinnungen stattfinden oder sogenannte Oasentage organisiert werden. Die Gemeindemitglieder sind unterschiedlich ausgebildet, unter anderem in geistlicher Begleitung oder in christlicher Lebensberatung.
Zu den interessanten Angeboten zählt das Kloster auf Zeit. Menschen können sich hier für einen längeren Zeitraum vom Alltag zurückziehen und in eine andere Lebensform eintauchen. Schubert sagt, das wären oft Menschen, die Anstöße zu Themen des geistlichen Lebens bekommen wollen, aber auch welche, die sich neu orientieren möchten. Sie nehmen dann am Leben der Gemeinde teil, sprechen miteinander Morgen- und Mittagsgebet in der Kirche, machen Frühstück im Gästehaus oder streichen die Türen, wenn gerade Bedarf danach ist. Das Haus steht dabei jedem offen – ob Christ, Gläubiger oder Ungläubiger.