Fast 40 Jahre lang entstanden hier Sendungen, die in der DDR über den Äther liefen. Damals hieß das Gelände an der Nalepastraße in Oberschöneweide noch Rundfunk der DDR. Seit der Betrieb nach der Wende eingestellt wurde, ist es ganz schön eingestaubt. Aber das Haus mit der perfekten Architektur für Klang-Aufnahmen ist nicht verloren: Seit 2015 haucht Uwe Fabich dem Komplex neues Leben ein, das jetzt Funkhaus Berlin heißt. Ihm gehören auch der Postbahnhof am Ostbahnhof und der Wasserturm am Ostkreuz. Der größte zusammenhängende Studiokomplex der Welt ist das Funkhaus Berlin schon, Fabich möchte es außerdem zum größten internationalen Musikzentrum machen. Mit Events, Festivals und Sessions.
Die Aufnahmestudios sind wieder in Betrieb, es gibt Proberäume, Büros und Ateliers. Sting und die Black Eyed Peas waren schon hier. Aber auch wenn du kein Musik-Ass bist, darfst du in den original erhaltenen Räumen herumschleichen und DDR-Luft schnuppern: ein Mal in der Woche gehen neugierige Grüppchen dort auf Tour.
An einem Wintermorgen sind wir mit dabei. Insgesamt 15 Leute wollen das alte Funkhaus heute erkunden. Familien aus der Gegend, Neu-Berliner und ehemalige Mitarbeiter des Hauses sind dabei. Davon gibt es in Berlin viele. Immerhin haben in dem Komplex damals bis zu 3000 Leute gearbeitet. Das Funkhaus-Gelände war wie eine kleine Stadt mit eigenem Friseur, Zahnarzt, Kindergarten, einer Sauna und einem Saal für offizielle Feierlichkeiten.
Im Saal 1 dürfen wir uns nur kurz umsehen, heute hat ihn ein Musiker aus Island gebucht. Wie die anderen Studios wurde er nur für die Produktion von Musik und Wort gebaut und ist weltweit für seine einzigartige Klangqualität bekannt. Von dem vielen Holz im Saal bis zu der schwebenden Decke und den schiefen Wänden ist jedes Detail für die perfekte Arbeit mit Tönen gemacht.
Nur die gigantische Orgel im Saal, die funktioniert längst nicht mehr. „Eine klassische Totgeburt“, mischt sich ein Teilnehmer unserer Tour ein. Er ist selbst Orgelbauer und hat das gute Stück zu Ostzeiten gepflegt, wie sich herausstellt. Die Luft im einzigartigen Haus sei von vornherein zu trocken gewesen zum Orgelspielen, erklärt er. Viel mehr erzählt er nicht, hört lieber die vielen Fakten auf der Führung.
Wir lernen das wir vor allem Bauhaus-Architektur von Franz Ehrlich bestaunen und warum das Foyer so spektakulär aussieht, obwohl die Eingänge so versteckt sind: Das sollte die Konzentration auf die Arbeit erleichtern.
Wusstest du schon, dass das Marmor für das Haus aus der Berliner Reichskanzlei stammt? Oder, dass ein großer Brand im Jahr 1956 im Funkhaus gewütet hat, der von einem Mitarbeiter verschuldet war – obwohl er angeblich von einem Spion aus dem Westen gelegt wurde? Oder, dass auf dem Gelände vom Funkhaus ein futuristisches, bewohntes Häuschen steht, das früher im Spreepark stand und dort Anlaufstelle für Kinder war, die ihre Eltern nicht mehr fanden? Noch viel mehr erfährst du, wenn du selbst auf Tour gehst, zwischen perfekter Akustik und Design aus einer längst vergangenen Zeit.
Die öffentliche Führung durch das denkmalgeschützte Funkhaus Berlin findet jeden Samstag um 11 Uhr statt, dauert ca. 90 Minuten und kostet ab 13 Euro. Alle Infos zur Tour findest du auf der Homepage von Backstage Tourism zum Funkhaus.