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Kunst im Afrikanischen Viertel zeigen

Jochen G. Schimmelpenninck wagt im etwas kleinbürgerlichen Nordwesten des Wedding einen Spagat. Mit seiner "Werkkunstgalerie" in der Otawistraße und mit ungewöhnlichen Ideen trägt er dazu bei, die Gegend kulturell zu beleben.

Der 64-jährige ist nach Berlin zurückgekehrt, wo er nach seinem Kunststudium in München schon einmal gewohnt hat – bis 1976. Nach einer Zwischenstation in Paris verbrachte er zwanzig Jahre als Maler in der Nähe von Rom. „Dort habe ich fast den Kontakt mit Deutschland verloren“, sagt Schimmelpenninck, „irgendwann kennt dich keiner mehr.“ Doch 1994 ereilte den Künstler der Ruf an die Akademie für Gestaltung in Köln, wo er bis 2011 angehende Produktdesigner unterrichtete. Schimmelpenninck hat sein Berufsleben der Kunst gewidmet; da war es nur folgerichtig, dass er vor zwei Jahren wieder nach Berlin zurückkehrte: „Viele Galerien sind im Laufe der letzten Jahre aus der früheren Kunstmetropole Köln in Richtung Berlin abgewandert“, erklärt der Galerist. Und da er der rheinischen Metropole Köln und insbesondere dem Karneval nichts abgewinnen konnte, fiel ihm die Entscheidung nicht schwer.

Das Ladenlokal in der Otawistraße, die bislang nicht gerade als Kunststandort bekannt war, erwies sich für Schimmelpenninck als Glücksfall. Zwischenzeitlich hat er das freigewordene benachbarte Lokal der Gewerkschaft ver.di übernommen und wohnt heute darin. „Damit liege ich ganz im Trend“, sagt der Maler und Galerist schmunzelnd, „die Parterrewohnungen erleben nämlich gerade ein Comeback als seniorengerechte Wohnungen!“

Jochen G. Schimmelpenninck stellt in seiner Galerie Werke anderer Künstler aus – doch was den Galeristen auszeichnet, ist die Offenheit neuen Ideen gegenüber. Zum Beispiel geschah es, dass ihn ein arabischer Nachbar ansprach, der eine Unterstellmöglichkeit für seine wertvollen Musikinstrumente suchte. Daraus entstand das Projekt, dass die Musikschule Zeriab die Räumlichkeiten der Galerie nutzen kann – und dafür bei Vernissagen arabische Musik gespielt wird.

Und schon verändert sich der ganze Kiez

Die vernachlässigte Grünanlage auf der gegenüberliegenden Straßenseite forderte den Künstler Schimmelpenninck ebenfalls heraus: „Warum sollte man dort nicht eine Skulpturenmeile anlegen?“ fragt sich der Galerist, der so etwas schon in Bayern realisiert hat. Die Otawistraße ist zwar nicht gerade der erste Ort im Wedding, der einem dafür einfallen würde. Aber schließlich steht am Beginn dieses Grünstreifens auch die Informationstafel über die Geschichte des Afrikanischen Viertels – ganz so kulturlos ist die Straße also schon heute nicht mehr.

Schon durch die Galerie verändert die Straße, die bislang von leer stehenden und verrammelten Läden geprägt war, ihr Gesicht. Auch um die Ecke, in der Lüderitzstraße 76, tut sich was: das „Werkkunststudio“ ist als Außenstelle der Galerie ein Arbeitsraum. „Hier wird das gemacht, was Dreck macht“, sagt Jochen Schimmelpenninck. Derzeit arbeitet dort ein junger Siebdrucker. Und das leerstehende Lokal direkt daneben wird auch noch wiederbelebt: der Galerist hat über seine Kontakte zu den arabischen Musikern angeregt, dass dort in Kürze ein syrisches Café entsteht.

In diesem Viertel „Kunst zeigen“, so der Beiname der Galerie – das ist schon ein kleines Wagnis. Jochen G. Schimmelpenninck geht es gerne ein. Manchmal reicht eben ein Mensch, um einen Kiez um eine Perspektive zu bereichern und dadurch zu verändern.

Dieser Artikel wurde uns zur Verfügung gestellt von weddingweiser.wordpress.com

 

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Quelle: Weddingweiser

Werkkunstgalerie Kunst zeigen, Otawistraße 9, 13351 Berlin

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