Hier wächst der Drachenbaum. Vögel zwitschern, Bienen summen, während draußen in milder, dunstiger Herbstluft die ersten Blätter fallen. Nur wenige Spaziergänger finden an diesem Sonntag, an dem das Wetter nicht so recht weiß, was es machen soll, ins Mittelmeerhaus im Botanischen Garten. „Ick gloobe, ick habe da een Gecko jesehen“, spricht eine Frau ins Handy. Mag sein, denn üppiges Grün und große Steine bieten gute Verstecke, überall verströmen kleine und große Blüten würzige Düfte. Im hinteren Teil des Glashauses gedeihen die düsteren Baumfarne. Ein Kind mit Fantasie wird zwischen den gewaltigen Stämmen nach kleinen, flinken Dinos Ausschau halten.
Aber so ist es, wenn man älter wird. Der Lack blättert ab. Und so ein Gewächshaus muss außen dem mitteleuropäischen und innen dem mittelmeerischen Klima trotzen. Die großen Fenster sind verzogen, an vielen Stellen ist der Kitt abgesprungen und die ehemals weißen Sonnenblenden haben Moos angesetzt, wenn nicht sogar Schimmel. Heizkörper verrotten, gut versteckt hinter Palmenblättern, von denen das Wasser tropft. Aber das Schlimmste ist sicher der Rost, der sich unaufhaltsam durch die stählernen Pfeiler und Querstreben frisst.
Den Besuchern, die das subtropische Flair im Südwesten der Stadt genießen, fällt das wohl selten auf. Wahrscheinlich würden sie es erst dann merken, wenn das Mittelmeerhaus aus Sicherheitsgründen gesperrt werden müsste. So weit ist es zwar noch nicht. Aber ein aktueller Bericht der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung spricht eine deutliche Sprache: „Aus baufachlicher Sicht besteht weiterhin Sanierungsbedarf innerhalb des denkmalgeschützten Ensembles der Schaugewächshäuser aus der Entstehungszeit des Botanischen Gartens.“ An erster Stelle sei hier das Mittelmeerhaus zu benennen. „Insbesondere die Stahlrahmenkonstruktion der Fassade ist in höchstem Maße korridiert.“
Die Bauverwaltung will nun erst einmal auflisten, welche Investitionsmaßnahmen nötig sind, um nachhaltig Abhilfe zu schaffen. Dann werden die Kosten geschätzt, Prioritäten gesetzt und die Sanierungsvorhaben zur Investitionsplanung 2015 bis 2019 angemeldet. Gut Ding will Weile haben, das ist in solchen Fällen immer so. Viele Jahre hatte es gedauert, bis der Senat und die Haushälter des Abgeordnetenhauses rund 10 Millionen Euro für die Sanierung des Victoria-Hauses mit den attraktiven Riesen-Seerosen, für das Wärmenetz und die statische Ertüchtigung von zwei weiteren Gewächshäusern freigaben, die ansonsten zusammengebrochen wären.
Noch hält ein Bauzaun die Besucher auf Abstand, im Mai 2015 wird das Victoria-Haus wieder geöffnet. Vorher schon war das Große Tropenhaus für 16 Millionen Euro grundsaniert worden. Seit mindestens fünf Jahren ist den Finanzpolitikern im Landesparlament bekannt, dass auch die übrigen Schauhäuser runderneuert werden müssen. Aber die notwendigen Mittel werden nur zögernd und häppchenweise zur Verfügung gestellt. Der Botanische Garten kennt es nicht anders. Schon 1718 gab der preußische König Friedrich Wilhelm I. den damals „Hof- und Küchengarten“ genannten Vorläufer an die Societät der Wissenschaften ab – weil der Unterhalt ihm zu teuer wurde.