Als Anfang August die Chefs von Stadtentwicklungsverwaltung und Wasserbetrieben mit zwei Dutzend Journalisten über die Spree schipperten, priesen sie ein gigantisches Projekt – und verschwiegen ein anderes. Gepriesen wurde das 157 Millionen Euro schwere Stauraumprogramm der Berliner Wasserbetriebe (BWB). Das soll bis 2020 mindestens die Hälfte der etwa 30 jährlichen „Mischwasserüberläufe“ aus der Kanalisation verhindern: Straßendreck und Fäkalien sollen nicht mehr die Gewässer verschmutzen, sondern zwischengespeichert werden.
Im Osthafen zwischen Elsen- und Oberbaumbrücke tuckerte wie zufällig das vom Senat betriebene Belüftungsschiff „Rudolf Kloos“ neben dem Journalistendampfer her. Das pumpt im Sommer Sauerstoff in die Gewässer, damit nicht nach jedem Regenguss massenhaft Fische ersticken. Kosten: rund 350.000 Euro im Jahr.
Das Projekt wurde sabotiert
Zum Auftakt schrieb die landeseigene Hafengesellschaft Behala mehrfach an Steeg, dass ihm der Osthafen für sein Projekt „jetzt und zukünftig nicht zur Verfügung steht“. Nachdem die Anlage 2013 doch in Betrieb gehen konnte, stritt Steeg mit den Wasserbetrieben darum, die Oberfläche nutzen zu können. „Wenn es nach uns gegangen wäre, würden wir jetzt in einer Art Dschungel stehen“, sagt er beim Ortstermin auf dem mit nackten Gitterrosten belegten Ponton mit Blick auf die Oberbaumbrücke. „Wir hätten hier überbordendes Grün, viele Menschen, wahrscheinlich eine Bar.“
Es wäre jetzt schon billiger
Die Option zur Nutzung der Fläche steht sogar in seinem Vertrag mit den BWB. Die reagieren laut Steeg inzwischen nicht mehr, nachdem er sie immer wieder bekniet habe. Dem Tagesspiegel teilt das Landesunternehmen mit, die Frage der Nutzung stelle sich nicht, da es kein offizielles Wegerecht zur Anlage gebe. „Von wegen“, sagt Steeg. „Direkt am Ufer verläuft doch der öffentliche Wanderweg.“
„Nicht ganz fair“
Selbst die BWB bezeichnen den Kostenvergleich mit der naturgemäß relativ teuren Pilotanlage als „nicht ganz fair“. Gerade wegen der Kosten sei der Bau von Anlagen mit weniger als 800 Kubikmeter Volumen „nicht als zielführend anzusehen“, teilt das Unternehmen auf Anfrage mit. Doch in Neukölln haben die BWB 2011 selbst einen Speicher gebaut, der nur 700 Kubikmeter fasst und nach deren eigenen Angaben 4,5 Millionen Euro gekostet hat. Macht 6429 Euro pro Kubikmeter. Obendrauf kommen die Begleiterscheinungen der Großbaustelle, die bei Steeg wegfallen.
Als Steegs Co-Chef im vergangenen Jahr um einen Termin bei Gaebler bat, erhielt er eine Absage: kein Gesprächsbedarf. Es wird also noch viel dreckiges Wasser in die Spree fließen. Und Steeg muss hoffen, dass er bei den auswärtigen Fachbesuchern seiner Anlage mehr Begeisterung wecken kann als bei denen, von denen er in Berlin abhängig ist.