Diese Stadt braucht diese Gewaltschutzambulanz offenbar – um Opfer zu versorgen, um Verbrechen zu dokumentieren, um Ermittlern zu helfen. Ein Jahr nach Eröffnung sind in der Einrichtung der Berliner Charité in Moabit 382 Opfer betreut worden. Davon hatten der Universitätsklinik zufolge 196 Personen sichtbare Verletzungen, bei 175 Menschen, darunter 66 Kinder, waren zudem Frakturen, Blutergüsse, Platzwunden und Verbrennungen dokumentiert worden.
Allerdings hat die Ambulanz nur wochentags offen – nicht am Wochenende, nicht nachts, wobei es sonst wohl mehr Patienten gegeben hätte. Doch für eine Rund-um-die-Uhr-Station fehlt das Geld, die hochspezialisierte Notaufnahme hat nur eine Handvoll Mitarbeiter. Und die sollen Verletzte eben nicht nur behandeln, sondern rechtsmedizinisch begutachten und an Psychologen vermitteln. „Unsere bisherigen Erfahrungen bestärken uns darin, das Angebot zu erweitern und noch bekannter zu machen“, erklärte Saskia Etzold. Die Ärztin ist Vize-Chefin der Ambulanz.
Vor Gericht zählt die Dokumentation
„Wir konnten dadurch den Opferschutz in unserer Stadt erfolgreich stärken“, sagte Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) am Montag. „Zudem ist die Kombination einer rechtsmedizinischen Untersuchungsstelle mit einer psychosozialen Beratung am selben Ort bisher beispiellos in Deutschland.“ Bis 2016 unterstützt seine Verwaltung die Ambulanz mit 150.000 Euro im Jahr.
Sollen auch die Krankenkassen zahlen?
In den aktuellen Haushaltsberatungen wird beraten, wie viel Geld die Ambulanz künftig bekommen soll. Für eine Rund-um-die-Uhr-Bereitschaft wäre das Vielfache an Geld nötig. Vor einem Jahr hatte Charité-Direktor Ulrich Frei gefordert, dass neben anderen Senatsverwaltungen auch die Krankenkassen die Ambulanz ausstatten. Viele Formen der Gewalt träten wie chronische Krankheiten auf, sagte damals der Charité-Rechtsmediziner Michael Tsokos, und seien mit erheblichen Folgekosten verbunden. Gesetzlich sind die Kassen verpflichtet, Krankenbehandlungen zu bezahlen. Inwiefern dies auch für die umfangreiche Arbeit der Ambulanz gilt, ist unter Juristen umstritten. Die Leiter vieler Universitätskrankenhäuser fordern seit Jahren eine umfassendere Finanzierung ihrer Kliniken. Derzeit wird diskutiert, ob Hochschulkrankenhäuser höhere Pauschalen für besonders aufwendige Behandlungen bekommen sollen.
Die Ambulanz ist im Netz unter http://gewaltschutz-ambulanz.charite.de zu finden. Telefon: 030 – 450 570 270