Obwohl die Clubkultur seit Monaten brach liegt, ging diese schöne Nachricht vor ein paar Wochen dem Feiervolk runter wie Öl: Die Griessmuehle hatte ein neues Zuhause gefunden! Doch es wurde noch nicht verraten, wo hoffentlich bald wieder getanzt werden kann. Bis jetzt! Auf der Webseite des Clubs wurde bekannt gegeben, dass es schon bald an einem Standort in Schöneweide weitergehen soll. Der Tagesspiegel schreibt, dass es sich dabei möglicherweise um das Gelände der ehemaligen Bärenquell-Brauerei handelt. Wir werden dich diesbezüglich natürlich auf dem Laufenden halten, sobald es neue Informationen gibt.
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Das steckt hinter dem Umzug der Griessmuehle
Am 3. Februar sind die Bässe auf dem angestammten Gelände der Griessmuehle in der Sonnenallee verstummt. Aber nicht für immer. Während rund um das Club-Areal in der Neuköllner Sonnenallee gebaut wird, fand noch im März das Party- und Kulturprogramm der Griessmuehle im Exil statt; nämlich in der Alten Münze und dem Polygon Club. Für den eigenen Plattenladen auf dem ehemaligen Clubgelände, Latitude Records, kündigte das Griessmuehle-Team schon im Januat eine neue Heimat in Neukölln zu an. Der Standort ist bisher aber nicht bekannt. Nur das Bistro CC Neukölln fiel dem Kampf um die Griessmuehle zum Opfer. Auch hier gibt es jedoch gute Nachrichten: Das Team plant, sich mit einem anderen gastronomischen Konzept in Neukölln auszutoben.
Der Club startete am 30. Dezember 2019 eine Kampagne mit dem Namen SOS – Save Our Spaces. Dazu gehören ein Video und eine eigens angelegte Webseite. Die Botschaft ist klar: Liebes Berlin, bitte erhalte unsere Clubs! Denn sie sind nicht nur Orte zum Feiern. Sie sind längst zu kleinen Enklaven für diverse Subkulturen geworden, zu Freiheitstempeln für alle, die durch das mittlerweile berühmte Berliner Nachtleben pilgern. Die abschließende Forderung der Griessmuehle: Clubs sollen als Kulturstätten anerkannt und ihr Bestehen dauerhaft gesichert werden.
Die Kampagne beinhaltete auch einen aussagekräftigen Hashtag: #savegriessmuehle. Denn der Mietvertrag des Clubs endete am 31. Januar 2020 und wurde nicht verlängert. Das war nicht nur das Aus für eine legendäre Clublocation und beliebte Partyreihen wie Cocktail d’Amore, sondern auch für einen etablierten Kunstort, einen festen Standort für das Mobile Kino, den eigenen Flohmarkt, Ping Pong Partys, den Plattenladen der Griessmuehle und das eigene Bistro auf dem Gelände. Und das, obwohl der besondere Club viele seriöse Unterstützer*innen hat: Dazu zählen die Clubcommission, Neuköllner Bezirkspolitiker*innen, die Wirtschaftsförderung Berlin und Kultursenator Klaus Lederer persönlich. Am 22. Januar haben Politiker*innen in der Bezirksverordnetenversammlung Neukölln sogar beschlossen, sich für die Rettung des Clubs einzusetzen
Der Hintergrund: Schon in den vergangenen vier Jahren war der Mietvertrag der Griessmuehle immer wieder auf ein halbes Jahr befristet worden, um auf dem Gelände bauen zu können. Der Club musste schließlich den Bauarbeiten weichen.
Wer steckt hinter den Plänen für die Sonnenallee 221?
Das Gelände der Sonnenallee 221, auf dem sich die Griessmuehle befindet, gehört der SIAG Property II GmbH, die das Areal verkaufen möchte. Verwaltet wird es von der Firma S Immo Germany GmbH, die sich auf die Fahne schreibt, Bestandsobjekte an Orten mit hohem Entwicklungspotential zu kaufen und daraus Gewinn zu schlagen. Das schafft sie mit Wohn-, Büro- und Gewerbeflächen. Das ehemalige Finanzamt Neukölln in der Sonnenallee 223, den Nachbarn der Griessmuehle, hat die S Immo Germany schon aufgehübscht und dann für 12 Millionen an einen anderen Investor verkauft. Sie bezeichnet das Areal auf der eigenen Homepage als einen „Ort, für den es bereits große Zukunftspläne gibt.“
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Darf die Griessmuehle nach Neukölln zurückkehren?
Um sich bei der SIAG und S Immo Gehör zu verschaffen, ging die Griessmuehle in die Offensive: Die Online-Petition zu der SOS-Kampagne unterschrieben bisher mehr als 48.000 Menschen. Auch noch, als ein Teil der Forderungen längst erfüllt war: Nach langer Funkstille fand endlich ein Austausch auf Augenhöhe zwischen Eigentümer und Club statt. Man verhandelte über einen möglichen Clubbetrieb auf dem Gelände, ebenso wie einen Veranstaltungs- und Gastronomiebetrieb auf dem Areal. Allerdings erst nach dem Umbau. Auch nachdem die Griessmuehle bekanntgab, an welchen Orten sie während der Bauarbeiten weiterfeiern wird, hielt sie zunächst daran fest, eines Tages in die Sonnenallee zurückkehren zu wollen. Oder aber eine passende Alternative für den Clubbetrieb zu suchen. Und die ist jetzt wohl gefunden.
Die Griessmuehle könnte Berlins Clubkultur revolutionieren
Zusätzlich bemüht sich die Griessmuehle mit ihrer Kampagne aber nach wie vor um eine Perspektive für die Clubkultur in Berlin allgemein. Es geht um Bestandsschutz, die Anerkennung von Clubs als Kulturstätten und alternative Standorte für bereits bedrohte Clubs. Dazu zählt zum Beispiel auch das About Blank, das irgendwann wohl dem Bauprojekt der A100 in Treptow zum Opfer fallen wird.
Die Forderung, Clubs und kulturelle Zentren zu erhalten, haben auch die Unterstützer*innen aus der Politik übernommen. Im Antrag vor der Bezirksverordnetenversammlung hieß es, es wäre „für die Berliner Clubkultur, den Neuköllner Kiez aber auch für Berlin als Ganzes ein großartiges Zeichen, sollte es gelingen, auf dem Gelände Sonnenallee 221 eine Co-Existenz von Clubkultur und der angedachten gewerblichen Nutzung zu ermöglichen. Eine moderne Stadtentwicklung und der Erhalt kultureller Orte können Hand-in-Hand gehen!“
Oha, das klingt, als hätte Berlin schon zugehört, als die Griessmuehle ihr „Berlin, don’t break our hearts!“ herausgeschrien hat. Das tut gut, erst recht nachdem Ende November 2019 die Info aufploppte, dass der Sage Club mitsamt dem legendären Kitkat wohl in diesem Jahr das Feld räumen muss. Aber kann der gute Wille einen Club retten? Die Hoffnung stirbt zuletzt! In Sachen Griessmuehle erhalten hat Hoffen jedenfalls schon mal geholfen.