In zwei Branchen befindet sich Berlin auf einem Höhenflug: neben dem Tourismus hat auch das Kongressgeschäft Konjunktur. Bereits 25 Prozent aller Hotelübernachtungen werden anlässlich von Tagungen verzeichnet, und bei der Zahl internationaler Verbandskongresse belegt die Stadt weltweit den vierten Platz. Angesichts der positiven Zahlen bekommt der Bau des Messe- und Tagungszentrums „City Cube Berlin“ am ehemaligen Standort der abgerissenen Deutschlandhalle in Charlottenburg eine gewisse Dringlichkeit. Am gestrigen Donnerstag wurde der Grundstein gelegt. Der „multifunktionale“ Neubau mit Raum für bis zu 10.000 Gäste soll Anfang 2014 eröffnet werden – vorzugsweise bereits im Januar, wenn die Internationale Grüne Woche ansteht.
Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) sagte, das Messegeschäft sei zu einem „wichtigen zentralen Wirtschaftsfaktor“ geworden. Das Bauprojekt stelle eine Investition „nicht nur für die Messe, sondern für Berlin insgesamt“ dar. Nach Angaben der Tourismusgesellschaft Visit Berlin war 2011 „ein starkes Kongressjahr“. Mit 115.700 Tagungen, Meetings und Kongressen in Berlin sei ein zweiprozentiger Zuwachs gegenüber dem Vorjahr zu verbuchen gewesen; die Zahl der Teilnehmer stieg um sieben Prozent auf 9,7 Millionen.
Mehr als ein Ausweichort
Die landeseigene Messe Berlin investiert 65 Millionen Euro in ihren Neubau. Für den umstrittenen Abriss der denkmalgeschützten Deutschlandhalle wurden weitere elf Millionen fällig. Ein reines Ausweichquartier während der geplanten Sanierung des Internationalen Congress Centrums (ICC) soll der City Cube keinesfalls sein. Messe-Chef Raimund Hosch sieht in ihm einen „Meilenstein“ für den Messestandort Berlin. Größere Flächen würden dringend benötigt, bei den „internationalen Leitmessen“ übersteige die Nachfrage längst das Platzangebot. Betroffen sind die Internationale Funkausstellung (IFA), die Internationale Grüne Woche, die Internationale Tourismusbörse (ITB), die Bahnmesse Innotrans und die Fruchthandelsmesse Fruit Logistica. Außerdem solle es neue Messen geben, sagte Hosch.
Auf Plakaten wird mit würfelförmigen Motiven für den City Cube geworben. Dabei erinnert der aus einem internationalen Wettbewerb siegreich hervorgegangene Entwurf des Dresdener Architektenbüros Code Unique nicht automatisch an einen Würfel – dafür ist der zweistöckige Bau nicht hoch genug. Oben entsteht eine „säulenfreie Halle mit 12 Metern lichter Höhe“, in der besonders große Veranstaltungen mit bis zu 5000 Besuchern stattfinden sollen. Wer noch mehr Platz braucht, kann benachbarte Messehallen hinzumieten.
Erst nach der Sommerpause steht die Entscheidung der Berliner Regierungskoalition über die Sanierung und Modernisierung des ICC an. Seit Anfang des Jahrtausends wird darüber diskutiert, ob das 33 Jahre junge Kongresszentrum eine Zukunft hat oder abgerissen werden soll. Nun scheint klar: Das ICC wird voraussichtlich ab 2014 für etwa 300 Millionen Euro saniert. Im Landeshaushalt sind dafür bisher 182 Millionen Euro eingeplant, so dass eine Kostenbeteiligung der Messe oder privater Partner nötig wäre. Die Wiedereröffnung wurde zuletzt für 2017 anvisiert, inoffiziell wird aber das Jahr 2020 für realistisch gehalten. Alle während der Bauzeit im ICC geplanten Kongresse sollen in den City Cube ausweichen.
Warten auf ein repräsentatives Hotel
Seit vielen Jahren wünscht sich die Messe Berlin, dass Kongressgäste in ihrer direkten Umgebung nicht nur im Zwei-Sterne-Hotel Ibis übernachten können. Doch das Projekt eines 90 Meter hohen Hotelturms auf dem Hammarskjöldplatz, direkt vor dem Haupteingang der Messe, wurde wegen des politischen Widerstands im Bezirk und im Abgeordnetenhaus nicht realisiert. 2010 bot der Liegenschaftsfonds alternativ den ICC-Parkplatz am Messedamm als Hotelstandort an. Die österreichischen Käufer des Grundstücks erfüllten laut Liegenschaftsfonds-Chef Holger Lippmann jedoch ihre Verpflichtungen nicht. Im Herbst 2011 sei das Geschäft rückabgewickelt worden, eine neue Ausschreibung starte im Oktober zur Fachmesse Expo Real in München.
Neuer Nachbar der Messe wird bald BMW. An der Ecke Messe- und Kaiserdamm existiert bereits die Baugrube für die neue Berliner Niederlassung des Autokonzerns. „Die Bagger rollen ab nächste Woche“, sagte eine Sprecherin. Die Autobauer wollen im Frühjahr 2014 eröffnen und stecken 65 Millionen Euro in den Neubau. Das Projekt war bereits 2008 vorgestellt, aber aufgrund der Wirtschaftskrise verschoben worden.
Informationen zum Messe-Neubau: www.citycube-berlin.de