Die Melodie von Mozart mischt sich unter das Gehupe der Autos am Kottbusser Damm. Beethoven begleitet die Menschen beim Einkauf. Einige bleiben stehen, lauschen, schließen die Augen. Andere hetzten weiter. Ein kleines Mädchen wiegt sich in ihrem ganz persönlichen Rhythmus zum Takt der Musik. Helmut sitzt einfach da und spielt, mitten auf der Straße, direkt gegenüber vom Discounter. Blaues Sakko, dunkler Schal, den Kopf nach unten geneigt. Die Autos und vorbeigehenden Menschen nimmt er gar nicht wahr. Seine Finger gleiten über die Tasten, und ab und zu wirft jemand eine Münze in seinen Hut. Langsam geht die Sonne unter, die Luft wird frisch, Helmut spielt einfach weiter.
Die meisten Polizisten kennen ihn, lassen ihn spielen
Einen festen Plan hat er nicht. Wann, wo und was er spielt, entscheidet er spontan. Oft sitzt er vorm Netto im Graefe-Kiez, beim Atlantic in der Bergmann-/Ecke Nostitzstraße oder in einer verstecken Ecke im Viktoriapark. Einmal nur hat er sich aus Kreuzberg herausgewagt und sein Glück in Zehlendorf versucht, aber dort kam sofort das Ordnungsamt und forderte ihn auf, wegzugehen. In Kreuzberg wird er toleriert. Die meisten Polizisten kennen ihn und machen einen Bogen um ihn, lassen ihn spielen. Anders als andere Straßenmusikanten zieht er nur langsam von Ort zu Ort. Manchmal bleibt er bis zu drei Stunden an einer Stelle sitzen. Wer will, kann etwas in seinen Hut werfen, aber aufstehen und rumgehen, das möchte er nicht.
Oft füllt er Traubensaft in die Weinflasche
Meistens fängt Helmut gegen Nachmittag mit dem Spielen an, oder wie er sagt: mit dem „Üben“ an. „Zum Feierabend sind die Leute entspannter“, sagt er. Lieder von Mozart und Schubert spielt er am liebsten. An manchen Tagen, wenn er ein Gläschen Wein zu viel getrunken hat, hüpfen seine Finger schon mal über die Tasten, spielen Jazz oder Swing. Manchmal fangen die Leute dann sogar an zu tanzen.
Doch auch, wenn die Flasche Rotwein immer neben seinem Hut steht, so bleibt Helmut doch meist bei den klassischen Kompositionen. Denn in der Flasche ist nicht immer nur der gute Merlot, oft hat er sie auch mit Traubensaft gefüllt. „Wenn ich keinen Rotwein dabei habe, denken die Leute noch, dass ich es nicht mehr lange mache“, sagt er und grinst. Dann nimmt er einen Schluck, wendet seinen Blick wieder nach unten zu den Tasten und spielt Mozart im Duett mit den Autos.