3 Spiele, 1 Punkt und 9 Gegentore sind die traurige Bilanz der ersten drei Spieltage in der Bundesliga. Und während man gegen Bremen gute Ansätze gesehen hat und man sich auch gegen die zurzeit starken Leverkusener lange Zeit gut gehalten hat, war das Spiel gegen die Mainzer nun ein klarer Rückschritt. Eine sehr merkwürdige Aufstellung, wenig Lauf- und Kampfbereitschaft, eine sich nie auf der Höhe befindliche Abwehr und erstmals auch zu wenig Konzept im Angriff. So kann man in der Bundesliga nicht gewinnen.
Eine Aufstellung, die zumindest verwunderlich ist
Bereits vor dem Spiel, mit Bekanntgabe der Aufstellung, fragten sich viele Fans, was das werden sollte. Hosogai, Pekarik, Ronny, Kalou, Heitinga – alle auf der Bank, dafür Spieler wie Niemeyer, van den Bergh, Ndjeng, Hegeler und auch der lange Zeit verletzte Kapitän Lustenberger in der Startaufstellung. Entscheidungen, die auch mit dem Abstand von zwei Tagen immer noch nur schwerlich nachzuvollziehen sind. Stellte sich doch im Laufe des Spieles heraus, dass es vor allem diese Spieler waren, die dem Anspruch, den es in der Bundesliga bedarf, nicht gerecht werden konnten.
Fangen wir mit dem Kapitän an. Man hat ihm vom ersten Moment angemerkt, dass er seit Monaten nicht mehr wirklich gespielt hat. Er stand sehr häufig neben sich und zu weit weg von seinen Gegenspielern. Zwar konnte er einmal stark im Laufduell gegen Allagui klären, er war jedoch auch an mindestens zwei Gegentoren maßgeblich beteiligt und wirkte häufig fahrig und ein wenig überfordert. Ob es eine kluge Entscheidung war, den Spieler nach so langer Ausfallzeit gleich wieder in die Verantwortung zu ziehen, lasse ich einmal dahingestellt.
Marcel Ndjeng und und Jahannes van den Bergh waren bereits in der vergangenen Saison alles andere als Stammspieler und Sicherheitsfaktoren. Warum man nun beiden das Vertrauen schenkt, bleibt zumindest mir ein Rätsel. Vor allem weil mit Schulz und Pekarik deutlich solidere Spieler entweder auf der Bank oder anderweitig zur Verfügung standen. Wir haben zurzeit vor allem ein Defensivproblem. Und dann dort nicht auf die besten Spieler zu setzen, ist ein gewagtes, und wie wir nun wissen, gescheitertes Unterfangen.
Jens Hegeler, der weder in der Vorbereitung noch an den vergangenen Spieltagen positiv auf sich aufmerksam machen konnte, und vor allem Peter Niemeyer rundeten den unrunden Auftritt der Berliner Defensive ab. Ich mag den Peter ja. Er ist ein Typ, nett und sicherlich jemand, der sich immer reinkniet. Aber ähnlich wie ein Sandro Wagner fehlt ihm leider die spielerische Klasse für die Bundesliga. Das Einzige, was er kann, ist das Spiel zerstören. Das Problem an der Sache ist: Das macht er auf beiden Seiten. Es geht ihm komplett ab das Spiel von der Sechs anzutreiben. Nur Quer- oder Rückpässe, und diese häufig so schlampig, dass ein Pass über 5 Meter gern mal beim Gegner oder im Aus landet. Vor allem unsere schnellen Außen haben so selten die Möglichkeit, sich mal in Szene setzen zu lassen.
Kopflose Offensive
Und damit kommen wir dann auch zum zweiten Problem in diesem Spiel. Konnte gegen Bremen und Leverkusen zumindest die Offensive noch Akzente setzen, war dies diesmal auch eher mau. Rückkehrer Skjelbred war sicherlich bemüht, es hat sich aber wieder einmal bestätigt, dass die Position hinter der Spitze nicht seine ist. Er hätte über die Sechs kommen müssen, ist er doch in der Lage das Spiel schnell und damit gefährlich zu machen. Die beiden Außen Schulz und Beerens wurden vor allem in der ersten Hälfte fast komplett mit Nichtbeachtung bestraft.
Und Schieber war die ärmste Sau auf dem Platz. Wenn man sich dann doch einmal entschlossen hat, mit ihm spielen zu wollen, dann hat man ihn hoch angespielt und gewartet, was er denn mit dem Ball so anfängt. Es ist demnach auch kein Wunder, dass seine einzig wirkliche Chance ein Zufallsprodukt war und er aufgrund der Überraschung nicht zu einem sauberen Abschluss gekommen ist. Erst mit der Hereinnahme von Ronny wurde es ein wenig besser, wobei Ronny auch mehrfach bewiesen hat, dass er beim Umschaltspiel nur bedingt zu gebrauchen ist.
Die wohl teuerste Bank der Hertha-Geschichte
Ja, Hertha hat zurzeit leider viele Verletzte. Haraguchi, Cigerci, Langkamp, Plattenhardt und Baumjohann hätten die Mannschaft zu 100% aufgewertet. Aber trotzdem war die Bank fast prominenter besetzt als die Startaufstellung. Wenn man dann noch sieht, dass ein Stocker und ein Mukhtar es nicht einmal in den Kader schaffen, dann muss die Frage nach der Aufstellung gestellt werden.
Ja, ein Kalou hatte gerade einmal drei Trainigseinheiten mit dem Team gehabt, kam gerade von einem anstrengenden Länderspiel-Trip und war zwischenzeitlich angeschlagen. Auch Ronny war unter der Woche noch nicht ganz fit. Diese Entscheidungen kann man also noch nachvollziehen. Warum aber ein Peter Pekarik das zweite Spiel in Folge nur auf der Bank Platz nehmen musste, kann nicht nur mit dem eher unglücklichen Spiel gegen Bremen erklärt werden. Auch ein Hosogai, der sicherlich die Länderspielreise nach Asien in den Knochen hatte, hätte dem Spiel wohl mehr einen Stempel aufdrücken können als es Hegeler und Niemeyer zusammen geschafft haben. Und dann wäre da noch Heitinga. Ja, seine Spiele gegen Bremen und Leverkusen waren noch mit einigen Fehlern behaftet. Doch wie sehr demontiere ich einen selbst ausgelobten Führungsspieler, wenn ich ihn nach zwei Spielen auf die Bank setze und qualitativ nicht besser ersetze?
Und dann sind da halt noch Stocker und Mukhtar. Ja, Stocker scheint wirklich noch größere Rückstände zu haben, das sagen auch Augenzeugen der Auftritte bei der U23. Doch ganz ehrlich, sind diese Rückstände so groß, dass er DIESEM Team von Samstag so gar nicht hätte helfen können? Und der kleine Muck. Spielt im Sommer eine wirklich starke U19 EM und schafft es trotzdem nicht in den Kader? Wenn ich sehe, wer am Samstag auf dem Platz stand und wie diese Spieler diesen Einsatz ‚gedankt‘ haben, dann sind solche Fragen angebracht.
Luhukay in der Bringschuld
Der Trainer bekommt nun, nach gut zwei Jahren in Berlin, das erste Mal wirklichen Gegenwind. Und das vollkommen zu Recht und selbst verschuldet. Es ist sicherlich nicht Zeit für eine Trainerdiskussion. Dazu hat Luhu zu viel richtig gemacht in der Vergangenheit. Aber er hat von Michael Preetz im Sommer seine Wunschspieler bekommen. Spieler, die er in Interviews immer wieder in den Himmel lobte. Wenn er nun wieder auf die alte Garde setzt, dann ist etwas faul im Staate Dänemark.
Natürlich sind die vielen Ausfälle und die Länderspielpause unglücklich. Aber ähnliche Probleme haben auch andere Teams, wie z.B. der Gegner Mainz, zu bewerkstelligen gehabt. Bei vielen Teams hat man nun am Wochenende eine Entwicklung erkennen können. Bei uns nur einen Rückschritt, das ist ein wenig beängstigend. Luhukay muss nun aus den Problemen und auch seinen Fehlern die richtigen Schlüsse ziehen. Wenn nicht, dann ist der Gegenwind von heute nur ein laues Lüftchen zu dem, was ihm dann blüht. Die nächsten drei Spiele werden wohl klare Richtungsweiser.
Noch ein paar Worte zu Sami Allagui
Es war wohl Schicksal, dass der Angreifer ausgerechnet bei seinem ersten Spiel für sein neues, altes Team zu seinem noch eigentlichen Arbeitgeber reisen durfte. Somit konnte er den Mainzern sicherlich gute Tipps geben und die Motivationskurve dürfte entsprechend hoch gewesen sein. Dass er von vielen Menschen im weiten Rund ausgepfiffen wurde, fande ich unangebracht. Immerhin ist er offiziell noch ein Herthaner. Außerdem hat er sich, von einigen ganz schwachen Spielen mal abgesehen, bei uns nie was zu Schulden kommen lassen.
Dass nun die Rufe laut werden, dass seine Ausleihe ein Fehler war, war nachvollziehbar, sie werden damit jedoch nicht richtiger. Erstens, der Spieler wollte weg und es gab einen Verein, der ihn haben wollte. In einer solchen Konstellation ist es immer besser, sich (zumindest temporär) zu trennen. Zweitens wäre für Allagui, wenn er geblieben wäre, trotzdem wenig Platz. Im Sturm sind Schieber und nun auch Kalou klar vor ihm anzusehen, auch dem Flügel Beerens, der bisher wenig Grund zum Meckern gab. Dazu ist Allagui nicht unbedingt ein Leisetreter, was im Laufe einer Saison durchaus für unnötige Unruhen gesorgt hätte.
Ich bin ganz ehrlich, ich freu mich für Sami, auch wenn das Gegentor gegen uns geschmerzt hat. Wobei man auch gestehen muss, das Ding hätte wohl fast jeder gemacht und ansonsten ist ihm in den 90 Minuten auch nicht so viel gelungen.
Was bleibt?!?
Vor allem viel Frust. Diese Niederlage war zweierlei: unnötig und hausgemacht. Die Lehren müssen gezogen werden. Wenn es alle Außenstehenden erkennen, das sowohl ein Ndjeng als auch ein van den Bergh einfach kein Bundesliganiveau haben, dann muss man das doch auch intern erkennen können. Und dass ein Niemeyer hinter einem Ronny vielleicht als Zerstörer brauchbar ist, mag sein – in einer Aufstellung wie Samstag ist er ein Geschenk für den Gegner.
Das Gute ist, es kann eigentlich nur besser werden.
In diesem Sinne, die Hoffnung stirbt zuletzt.
Euer René ‚Mueggi‘ Jünemann
2. Vorsitzender Berliner Jungs OFC