Buchrezension

Berliner Hip Hopper in Wort und Bild

DJ Marc Hype (l.) und Beatboxer Soulrock werden beide in "King Kool City Berlin" porträtiert.
DJ Marc Hype (l.) und Beatboxer Soulrock werden beide in "King Kool City Berlin" porträtiert. Zur Foto-Galerie
Kann man die Hip Hop-Szene der Hauptstadt inklusive Sprayer und Breakdancer in einem Buch porträtieren? Sarah Paulus und Rolf G. Wackenberg finden ja. In ihrem Buch "King Kool City Berlin" geben sie dafür einzelnen Protagonisten viel Raum.

Dieses Buch will viel. Es ist für Zugezogene wie Einheimische, Hip Hop-Fans wie Rollkoffer-Touristen geschrieben – so postulieren es Autorin Sarah Paulus und Fotograf Rolf G. Wackenberg im Vorwort. Und natürlich will es eine Szene vorstellen, die in den letzten Jahrzehnten zu den kreativsten und spannendsten Jugend- und Subkulturen gehörte. King Kool City Berlin ist auch ein Buch über Musik – aber eben nicht nur. Der Dreiklang aus Rap, Graffiti und Breakdance, auf dem die ‚wahren‘ Hip Hopper seit jeher bestehen, kommt hier voll zum Tragen.

Sarah Paulus und Rolf G. Wackenberg erzählen aber keine Geschichte der Berliner Hip Hop-Szene; sie lassen deren Protagonisten erzählen. Deren Stories, deren Sichtweise. 30 illustre Köpfe sind dabei. Alle, die man unvermummt sehen kann, sind Männer. Darunter Rapper wie Kool Savas, Frauenarzt oder B-Tight, mit Marc Hype einer der profiliertesten DJs, Graffiti-Legenden wie Poet, Amok oder 1UP, die Breakdancer der Flying Steps, der Beatboxer Bee Low. Natürlich fehlen ein paar große Namen wie Bushido und Sido. Aber das Format, das Paulus und Wackenberg gewählt haben – Einzelporträts, nah am Künstler – verzeiht diese wohl erzwungenen Auslassungen.

Coole Hip Hop Daddys

Paulus, die sonst Reportagen zu Reise und Alltagsthemen, Politik und Kultur schreibt, lässt den Interviewten Raum für deren persönliche Erinnerungen und Anekdoten – ohne auf Nachfragen im richtigen Moment zu verzichten. Aus ihren Porträts entsteht so ein überzeugender Querschnitt einer verzweigten Szene. Natürlich gibt es Querverweise, erinnern sich manche Protagonisten an die guten alten Zeiten mit einem der anderen Porträtierten. An Wackenbergs sehr gelungenen Fotos, darunter einige Close-ups, wird deutlich, dass unter den Gesprächspartnern echte Szeneveteranen sind, die die Väter ihrer Fans und Nachfolger sein könnten.

King Kool City Berlin Cover
Die Porträts sind durchweg gut geschrieben, häufig berichten Paulus und Wackenberg auch von den Umständen, unter denen die Treffen stattfanden. Die Autoren sympathisieren mit der Hip Hop-Szene, ohne ein Teil von ihr zu sein. Das tut den Texten gut; sie halten in aller Regel ein gesundes Maß aus Nähe und Distanz. Am stärksten sind die Beiträge zu Graffiti und der Sprayer-Szene. Hier tauchen Paulus und Wackenberg besonders tief ein, sprechen mit legalen wie illegalen Sprühern, fragen nach – etwa nach der angeblich steigenden Gewalt in der Szene. Und sie befragen auch die ‚Gegenseite‘, versuchen es zumindest. Die S-Bahn Berlin wollte nicht, die BVG nur schriftlich. Ein lesenswertes persönliches Interview ist dagegen mit Kriminalhauptkommissar Langer von der Gemeinsamen Ermittlungsgruppe Graffiti zustande gekommen.

Wer von King Kool City Berlin keine historische Enzyklopädie des Berliner Hip Hop erwartet, wird alles andere als enttäuscht sein. Das Buch ist gut geschrieben, gut bebildert und stellt viele spannende Persönlichkeiten vor. Mit Marcus Staiger, der vom Fan zum Szenemacher wurde, endet es standesgemäß. Einzig das Fehlen weiblicher Protagonisten ist schade. Doch das liegt vor allem daran, dass es in der Hip Hop-Szene der Hauptstadt mit der Frauenquote noch nicht weit her ist.

„King Kool City Berlin. Von Hiphop bis Graffiti“ ist im Elsengold Verlag erschienen und kostet 24,95 Euro.

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