Im Januar war da diese Idee, im Mai gab es dann schon die Partei und nun dürfen sie schon zur Bundestagswahl antreten – als Hip Hop-Partei. Grund genug, diese spannende Berliner Partei einmal unter die Lupe zu nehmen. Fabian Blume (39) taucht zu unserem Treffen in klassischem Hip Hop-Style auf, doch klischeehaft ist die Partei noch lange nicht: Statt Gangsta-Diss geht es um Selbstbestimmung, Gleichberechtigung und Selbstentfaltung. Ein Treffen im Pub Cliffs of Dooneen im Prenzlauer Berg.
QIEZ: Zuerst einmal: Warum treffen wir uns genau im Prenzlauer Berg, wenn Die Urbane so gegen Gentrifizierung ist?
Fabian: „Ich bin wirklich hier im Kollowitzkiez aufgewachsen und habe fast immer hier gewohnt. Sogar ein Tattoo mit der Postleitzahl habe ich auf dem Arm. Wir Berliner sind eben alle provinziell. (lacht) Als ich hier aufgewachsen bin, war da nix mit Luxus. Das war damals vor dem Mauerfall, als der Prenzlauer Berg wirklich so war, wie er heute sein will: wild und unangepasst.“
Wie kam euch die Idee, eine Hip Hop-Partei zu gründen?
„Lustigerweise hatten Raphael Hillebrand und ich fast gleichzeitig dieselbe Idee, aber ich hatte damals keine Zeit, um sie zu verwirklichen. Als ich dann von Raphaels Projekt hörte, war ich gleich dabei. Ich habe mich immer schon für Politik interessiert, was sich auch in meinen Songtexten zeigt. Denn durch den Hip Hop – zumindest war das damals so – wird man automatisch politisiert. Der Gründungsgedanke war: Warum nicht die Werte des Hip Hop, wie Teilhabe ohne Vorurteile, kreativer Wettstreit und machtkritische Perspektiven, auf eine gesellschaftlich-relevante Ebene tragen, um realpolitische Probleme zu lösen?“
Welche drei Punkte von Die Urbane liegen dir am meisten am Herzen?
„Die staatliche Unterstützung der Massentierhaltung abzuschaffen, Antidiskriminierung zu stärken und mehr Teilhabe der Bürger zu ermöglichen. Im Hip Hop ist es egal, wo du herkommst. Da gilt: Wenn du dope bist, bist du dope, wenn du whack bist, bist du whack.“
Kann man auch bei euch Mitglied sein, wenn man keinen Hip Hop hört?
„Natürlich! Ich habe auf meiner Playlist ja auch ein paar Metal-Songs. Es geht nicht darum, dass man unbedingt die gleiche Musik hört, sondern die gleichen Werte teilt.“
Ihr seid ja für Gleichberechtigung von Frauen: Was würdest du machen, wenn ein Gangsta-Rapper wie Bushido kommt und sagt, er will in Die Urbane eintreten?
„Naja, da müsste man sich auf jeden Fall hinsetzen und mal miteinander über einige Dinge reden. Schließlich sitzen mit Niki Drakos und DJ Freshfluke zwei Feministinnen im Präsidium. Allerdings denke ich, Bushido hat eigentlich gar kein schlechtes Frauenbild – es kommt im Straßenslang oft anders rüber als gemeint.“
Was unterscheidet euch von anderen Parteien?
„Die etablierten Parteien machen Politik aus einer einzigen Perspektive, aber Hip Hop lebt eine Kultur der Vielfalt. In unserer Partei werden unglaublich viele Perspektiven – also unterschiedliche Nationalitäten, Hautfarben, sexuelle Orientierungen etc. – repräsentiert.“
Welche bekannten Rapper unterstützen eure Partei?
„Wir kennen uns ja alle und sprechen über unsere Partei Die Urbane. Einige Rapper wie Audio88 oder KIZ supporten offen DIE PARTEI. Wir bekommen aber viel Zustimmung und führen positive Gespräche, mal schauen, wer sich zukünftig auch offen zu uns bekennt. Olli Banjo supportet uns öfter auf Facebook und Liquit Walker hat uns seine Stimme nicht zuletzt auf der Gründungsjam gegeben – im doppelten Sinne.“
Warum ist vor euch noch niemand auf die Idee gekommen, eine Hip Hop-Partei zu gründen?
„Gute Frage. In den USA gibt es ein anderes Wahlsystem als bei uns, daher supporten Rapper eben eins der beiden großen Lager, aber gründen keine eigenen Parteien. In Frankreich wundert es mich, da Hip Hop dort auch superpolitisch ist. Mal schauen, ob wir da Kontakte herstellen können.“
Was würdet ihr in Berlin als Erstes ändern?
„Die Urbane würde in Berlin mehr Milieuschutz einführen, eine funktionierende Mietpreisbremse und strukturellen Rassismus stoppen, also das Zusammenleben in der Stadt verbessern und die Bildung voranbringen.“