Als der Landesverband der Gartenfreunde e.V. in der Kleingartenanlage „Zur Linde“ um eine Stellungnahme dazu bat, warum das Gelände nicht geschlossen werden sollte, nahmen die Laubenpieper erst wahr, dass ihnen die Räumung droht. „Da sind wir selber als Verein erst richtig wach geworden“, erzählt Gabriele Hoffmann, Vorstandsmitglied der Linde. „Diskussionen gab es schon öfter, aber seit der Wende wurden unsere Schutzfristen ja immer wieder verlängert.“ Von der Stadt informiert wurden die Kleingärtner nämlich bisher nicht.
Wie viel Zeit bleibt noch?
„Uns gefallen aber alle Termine nicht, wir wollen bleiben und gar nicht geschlossen werden!“, hält Gabriele Hoffmann fest. Die Vorstandsmitglieder halten eine Umwandlung ihrer Gartenparzellen in Wohnanlagen auch für wenig lukrativ. „Das wird hier mit der Bahn, dem Güterverkehr und der A100 viel zu laut. Wir ertragen das ja, aber wir gärtnern nur. Zum Wohnen ist das nicht gedacht“, finden sie. Und auch die besondere Geschichte der Anlage spricht gegen ihre Schließung.
Von „Little Popo“ und der ältesten Kolonie Berlins
Ihre Gärten bewahren noch einen teils uralten Charme von Berlin, sagen die Vorstandsmitglieder. Zwar gilt die Gartenkolonie Rehberge in Wedding als älteste der Stadt, dort wurden aber erst 1929 erste Parzellen verpachtet. Die Geschichte der Linde reicht bis ins Jahr 1827 zurück. Der Gärtnermeister Wilhelm Mosisch überließ damals sieben Männern ein Stück Land seines Gartenbaubetriebes. Die haben die Fläche parzelliert und unter dem Namen „Little Popo“ bewirtschaftet, in Anlehnung an die Hauptstadt einer deutschen Kolonie in Afrika. Später wurde die Gartenfläche in „Zur Linde“ umgetauft.
Erst in diesem Jahr hat die Urenkelin eines der Gründer von „Little Popo“ ihren Garten aufgegeben. Nachwuchs war schnell gefunden, die Bewerberzahlen für Kleingärten nehmen ständig zu. In Baumschulenweg vergibt man freie Grundstücke in erster Linie an junge Familien. Die Gartenbesitzer kommen aus Marzahn, Kreuzberg, Charlottenburg und sogar Brandenburg. Sie alle wollen in ihren Kleingärten bleiben, schätzen sie als Orte für soziale Kontakte, die Gesundheit oder den Dialog zwischen Generationen.
Jetzt wird’s ernst: Versammlung der Kleingärtner
Darum initiiiert der Vorstand „Zur Linde“ jetzt auch einen Runden Tisch mit den anderen von der Schließung bedrohten Kleingärtnern in Treptow. Es habe schließlich wenig Sinn, nur für die eigene Anlage zu kämpfen. Stattdessen wolle man sich dafür einsetzen, dass überhaupt ein grüner Fleck in Berlin erhalten bleibe. „So einfach sollte man nicht kampflos das Feld räumen“, da ist man sich einig. Und außerdem würden hunderte Kleingärtner eher gehört als zehn. Natürlich sind auch die Laubenpieper der Ansicht, dass Berlin mehr Wohnungen braucht. Allerdings böten sich hierfür auch andere Flächen an, findet man in der Linde und kritisiert, dass auf vielen relevanten Flächen Eigentumswohnungen entstünden: „Und das kann sich auch kein Mensch leisten“.
Die Kleingartenkolonie „Zur Linde“ hat schon viel hinter sich: Kaiserreich, Weimarer Republik, den Nationalsozialismus und die DDR. Sie sollte das Feld für einen Verschiebebahnhof, einen Kohleplatz, eine Tankstelle und für Plattenbauten räumen. „Am Ende hat sich das jedes Mal als Luftnummer erwiesen“, steht in einer Broschüre zum 110. Jubiläum der Kleingartenanlage.
Der nächste vom Vorstand der Kolonie „Zur Linde e.V.“ organisierte Runde Tisch findet am 9. Mai um 10 Uhr in ihrem Vereinsheim statt. Vorher sollen im Bezirk auch Unterschriften gegen die Schließung der Kleingärten gesammelt werden. Die Entscheidung, ob die älteste Gartenkolonie Berlins ihre Parzellen räumen muss, soll noch in diesem Jahr fallen.