Vorsichtig, fast tastend, greifen die Hände zum Fell. Dann fahren die Finger langsam die Haare entlang, Bewegungen in Zeitlupe, aber voller Intensität. Die Finger greifen nach links, umklammern Futter, es landet an der Schnauze des Hundes, dann ist das Futter verschwunden und der Hund leckt über die Finger, Bilder voller Wärme. Und der Junge, dessen Finger jetzt feucht sind von der Hundezunge und der sich an das Fell schmiegt wie an eine Kuscheldecke, der lacht dieses typische Kinderlachen.
Gespräche mit den vierbeinigen Freunden
Seit er die Therapiebegleithunde der Logopädin Carola Schneider-Tobis gestreichelt hat, kommt ein neues Wort hinzu, in den Ohren von Janina Wagner klingt es wie fröhliches Jauchzen: „Wau-wau“. Zwei Hunde hat die Logopädin aus Zehlendorf, den Labrador Clea und dann noch Anouk, eine Mischung aus Labrador und Großpudel. „Sie sind Motivatoren“, sagt die Logopädin. Luka lernt, dass sie reagieren, wenn er etwas sagt, wenn sie „komm“ hören. Der Rest seiner Sprache besteht aus Tönen, aber er kommuniziert, das zählt. Janina Wegner hat viele Fotos von Luka in ihrer Wohnung in Charlottenburg, fröhliche Bilder mit dem strahlenden Jungen, sie sind seelische Stützen, an die sich eine alleinerziehende Mutter klammert, die ihren Sohn fast rund um die Uhr intensiv betreuen muss.
Die Hunde helfen nicht nur dem Vierjährigen, sie entlasten auch kurzzeitig eine junge Frau, die phasenweise an der Grenze der Überlastung entlangschrammt. Rehahunde sind genügsam, man kann sie an den Ohren ziehen oder an die Beine fassen, man kann sie ungeschickt streicheln, sie bleiben gelassen. Sie können sogar Socken ausziehen und Schubladen öffnen. Vor allem gehen sie auf vier Beinen, auch das sieht Luka. Also hofft Janina Wegner, „dass er mal hinterherkrabbelt“. Noch bleibt er liegen, aber zumindest hat er keine Angst mehr. Als Luka die Hunde zum ersten Mal sah, rollte er sich zusammen wie ein Igel.
Auch Dackel sind geeignet
Seit 1991 gibt es den Verein, seither wurden mehr als 30 Hunde ausgebildet, drei davon hat Sabine Häcker geschult. „15 Hunde sind derzeit im Einsatz.“ Die Rasse ist dabei zweitrangig. „Selbst ein Dackel ist grundsätzlich geeignet.“ Den Kernpunkt fasst Sabine Häcker in einem Satz zusammen: „Der Hund soll eine Hilfe sein, keine zweite Behinderung.“ Er darf nicht aggressiv sein, er darf kein Jagdverhalten zeigen, er darf nicht an der Leine ziehen. Nur mal so als Beispiele.
Schon bald nach der Geburt wird ein Tier getestet. Geht es an der Leine? Ist es leicht zu stressen? Ein Hundepate trainiert täglich mit dem Tier, unterstützt von einem Trainer. Nach einem Jahr beginnt die Feinarbeit. Entweder täglich mit einem Trainer oder gleich bei der Zielperson, unterstützt durch den Coach. Version zwei macht Sinn, sagt Sabine Häcker. „Ich bin bestimmt kein schlechter Trainer, aber ich verhalte mich nie so wie ein Contergan-geschädigter Mensch.“ Der Hund lernt dadurch realitätsnäher.
Tiere müssen mehrstündige Abschlussprüfung bestehen
Und natürlich in Schritten. Das Bedienen des Lichtschalters zum Beispiel. Erst lernt der Hund einen Lichtschalter überhaupt kennen, dann lernt er, dass und wie er gekippt wird, dann lernt er, ihn auf den Hinterbeinen zu bedienen. Und erst nach einer mehrstündigen Abschlussprüfung wird ein Tier freigegeben. Die Ausbildung kann bis zu 15 Monate dauern. Ein Hund hilft zum Beispiel einem Einarmigen beim Binden der Schuhe, indem er die Schnürsenkel hält oder zieht.
Seit sie Clea und Anouk kennt, hat Janina Wegner ein Bild vor Augen. Es erscheint ihr wieder, als sie versonnen in ihrer Wohnung sitzt. Dann hebt sie den Kopf, und ihr Blick wird so weich wie ihre Stimme. „Wenn Luka sich an einem der Hunde festhalten und aufrichten würde“, sagt sie, „das wäre mein Traum.“
Wer für einen Hund für Luka spenden möchte: Verwendungszweck: Luka, „Rehahunde Deutschland e. V.“, VR Bank Rostock, Kto. 2534118, BLZ 130 900 00