Theaterpremiere

Königliche Leistung: "The King's Speech"

Die Eingangsszene mit einem stotterndem Desaster. Und Oliver Mommsen als Herzog Albert.
Die Eingangsszene mit einem stotterndem Desaster. Und Oliver Mommsen als Herzog Albert. Zur Foto-Galerie
Schloßstraße –  Ein Herzog im Kampf gegen widerspenstige Vokale und Konsonanten und ein Sprachtherapeut, der lieber schauspielert. Am Ende: eine tiefe Freundschaft und ein überwältigender Schlussapplaus. Die Premiere von "The King's Speech" im Steglitzer Schlosstheater konnte durchaus mit der Oscar-gekrönten Kinofassung mithalten.

Ausverkauft – Der Andrang zur Premiere am Samstagabend war groß. Und groß waren sicherlich auch die Erwartungen der Zuschauer. Denn der eine oder andere hatte zuvor sicherlich schon die Verfilmung, mit Colin Firth in der Hauptrolle des stotternden George VI. und Geoffrey Rush als Sprachtherapeut Lionel Logue, gesehen. Die Geschichte wurde zum Kassenschlager. Die Erzählung nach einer wahren Begebenheit hatte Autor David Seidler ursprünglich als Bühnenstück konzipiert. Kult-Komiker Dieter Hallervorden spielt im Theaterstück als alternde Majestät nur eine kleine Rolle. Thomas Schendel führte Regie.

Das Stück beginnt mit einem Fiasko: Der stotternde Herzog Albert – zweiter Sohn des König Georg V. – muss im Wembleystadion eine öffentliche Rede halten, die zudem im Radio übertragen wird. Als er langsam an das Mikro tritt, ist es im Saal des Schlosstheaters mucksmäuschenstill – die Anspannung ist Albert anzumerken. Die Rede – ein Desaster! Stotternd kämpft er sich durch die Radioansprache – dann bricht er ab.

„In diesem Raum gibt es keinen Royal“

Verhöhnt vom eigenen Vater und geplagt von Selbstzweifeln, Komplexen und Minderwertigkeitsgefühlen – Herzog Albert hat es nicht leicht. Und kein Arzt kann ihm helfen. Auf Anraten seiner Frau begibt sich Albert in die Therapie des ungewöhnlich schrägen Sprachtherapeuten Lionel Logue.

Doch die Annäherung zwischen dem unverblümten, exzentrischen Logue – wunderbar „schnodderich“ gespielt von Jürgen Tarrach – und dem reservierten, von Blockaden geplagten Herzog – dargestellt von Oliver Mommsen – gestaltet sich zunächst schwierig. Denn hier trifft nicht nur Unsicherheit auf Gelassenheit. Doktor Logue holt die royale Hochnäsigkeit ganz unverblümt auf den Boden der Tatsachen. „Wir müssen absolut gleichrangig sein, in diesem Raum gibt es keinen Royal!“ Völlig unerschrocken lässt er  „Bertie“ – trotz seines Standes – Schimpfwörter formulieren, Vokale laut aus dem Fenster schreien und bittet den Adligen durch das Zimmer zu hopsen, um singend seine Gefühle preiszugeben. Selbst Alberts Frau, gespielt von Julia Stemberger, muss für spezielle Atemübungen auf dem Bauch ihres Ehemannes Platz nehmen.

Als der alte König stirbt, die Bedrohung durch die Nazis immer näher rückt und Alberts älterer Bruder David (Johann Fohl) nach kurzer Thronbesteigung lieber die Heirat mit der zweifach geschiedenen Amerikanerin Wallis Simpson der Krone vorzieht – ist der Herzog an der Reihe und vor allem in der Klemme. Denn, König „will“ er nicht sein. Andererseits möchte er das Volk, von Hitler bedroht, nicht im Stich lassen. Dazu muss er reden können und lernen! Ein stotternder König als Stimme des Volkes? Undenkbar!

Minimalistisches Bühnenbild – große Wirkung

Ein paar Stühle, drehende Wände und ein Thron – laut Albert der „Ort der Hinrichtung“. Die Inszenierung kommt mit einem durchaus minimalistischen, aber angenehm unpompösen Bühnenbild aus. Ängste, Schwächen, Vertrauen und Freundschaft – das Ensemble schafft es, auf tiefsinnige und humoristische Weise einen Mix aus stillen und bewegenden Momenten zu kreieren. Die politische Gefahr wird durch historische Filmaufnahmen erschreckend groß an die Bühnenwände projiziert und deutlicher als im Film thematisiert.

Jürgen Tarrach gibt sich in der Rolle des Lionel Logue pfiffig, witzig und lebhaft – seine Gesten sind authentisch. Oliver Mommsen schafft es nicht sofort in der anspruchsvollen Rolle des „B-B-Bertie“ zu überzeugen. Erst nach und nach gelingt es ihm die Figur des Herzogs – ein stotternden, steifer und verklemmter Prinz – mit perfekt dosierten, verkanteten Konsonanten und ruckelnder Sprache lebendig zu gestalten.

Oscarreifes Ende

Die finale Radioansprache des neuen Königs hat letztendlich – und an der Stelle absolut passend – Gänsehautfaktor. Sie ist die schönste Szene des Stückes. Wieder ist es mucksmäuschenstill. Erneut am Mikrofon, das er zuvor wie einen Feind widerwillig umkreist hat, redet Albert schließlich ruhig, bedächtig und mit beeindruckender Festigkeit zu seinem Volk. Ohne zu stottern macht er seinem Volk anlässlich der Kriegserklärung gegen Nazi-Deutschland Mut.

Nach kurzer Andacht brach das Publikum in begeisterten Applaus aus und belohnte so das Ensemble für seine Mühen. Eine gelungene warmherzige Inszenierung, bestückt mit humoristischen Episoden – eine Geschichte von Mut, Hochmut, Zwängen und vor allem zweier Männer, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Durchaus oscar-verdächtig.

bis 19. März, genaue Termine findest du hier.

Foto Galerie

Schlosspark Theater, Schloßstraße 48, 12165 Berlin

Traditionsspielstätte in Steglitz: das Schlosspark Theater.

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