Neues Gesetz

Was dir der Mietendeckel jetzt bringen kann

Häuserfassade von unten fotografiert
Die Mietenspirale gehört der Vergangenheit an, wenn das neue Gesetz des Landes Berlin auch vor Gerichten Bestand hat.
Das neue Gesetz zur Mietenbegrenzung in Berlin ist in Kraft, doch die Diskussionen zum Mietendeckel sind noch nicht beendet. Was sich für dich ändert, was Mieter und Vermieter nun für Rechte haben? Wir haben die Antworten auf die wichtigsten Fragen…

Eigentlich ist es für Mieter in Berlin eine gute Sache, wenn der Wucher endet und man sich Wohnen in unserer Stadt wieder leisten kann. Doch das Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen ist umstritten und wird letztlich wohl vom Verfassungsgericht abgesegnet werden müssen, auch wenn es von Seiten des Berliner Senats und Abgeordnetenhauses beschlossen wurde und nun durch die Veröffentlichung im Gesetzesblatt in Kraft getreten ist. Der Mietendeckel gilt für fast alle Wohnungen – ausgenommen sind nur Sozialwohnungen, Wohnheime und Neubauten ab 2014. Und wie kannst du von dem Mietendeckel profitieren? Wir geben dir einen Überblick:

23. November: Mietendeckel tritt in Kraft

Trotz des starken Gegenwindes tritt das Gesetz über die Mietenbegrenzung in Kraft – neun Monate nachdem das sogenannte Mieten-WoG Bln verabschiedet wurde. Ab dem 23. November müssen überhöhte Mieten, die die festgeschriebene Obergrenze um mehr als 20 Prozent überschreiten, vom Vermieter selbstständig gesenkt werden. Solltest du noch keine Benachrichtigung deiner Hausverwaltung bekommen haben, kannst du mithilfe einer Tabelle der Berliner Senatsverwaltung nachprüfen, ob du zu viel bezahlst. Wenn das der Fall ist, kannst du einen Antrag auf Mietsenkung stellen (siehe unten).

Mieterhöhungen

Viele von uns haben im Sommer noch eine schnelle Mieterhöhung bekommen, weil einige Vermieter in Panik sind, dass sie fünf Jahre lang nichts machen können. Gültig ist aber nur eine Erhöhung, die dein Vermieter bis zum 18. Juni 2019 eingereicht hat. Seit diesem Stichtag sind die Mieten bis 2025 eingefroren. Den Vermietern steht die Tür erst ab 2022 wieder einen Spalt weit offen: für Mieterhöhungen um 1,3 Prozent im Jahr als Inflationsausgleich oder um Modernisierungsmaßnahmen auf die Mieter umzulegen – allerdings nur bis zu einem Euro je Quadratmeter und nur, wenn es notwendige Maßnahmen sind, die vom zuständigen Amt genehmigt wurden. Damit die Vermieter dennoch weiter in Richtung Klimafreundlichkeit oder Barrierefreiheit sanieren, soll es künftig Fördergelder geben. Luxus brauchst du als Mieter jedenfalls nicht mittragen.

Höchstgrenze für Miete

Falls deine Miete jetzt schon ungerechtfertigt ist, stehen dir weiterhin alle Wege offen, die Summe anpassen zu lassen. Auch für Neubauten ab 2014 gilt der im Bürgerlichen Gesetzbuch verankerte Berliner Mietspiegel. Auf Grundlage der Fassung von 2019 kannst du mit dem Rechner der Stadtentwicklung auch für neue Mietwohnungen überprüfen, ob du zu viel zahlst. Als Grundlage für die Obergrenzen bei vom Mietendeckel erfassten älteren Wohnungen gilt der Berliner Mietspiegel von 2014 – zuzüglich 13,5 Prozent, die den Vermietern wegen der allgemeinen Reallohnentwicklung zugestanden werden, oder Zuschläge für gute Lagen. Bei Wiedervermietungen darf die Nettokaltmiete 9,80 Euro pro Quadratmeter nicht übersteigen – dieser Oberwert gilt für Wohnungen, die von 2003 bis 2013 erstmals bezugsfertig waren. Verfügen sie über eine besonders moderne Ausstattung, ist noch mal ein Euro mehr erlaubt. Ältere und schlechter ausgestattete Wohnungen liegen darunter: Die Obergrenzen beginnen bei 3,92 Euro für Wohnungen, die vor 1918 gebaut wurden und weder über Sammelheizung noch Bad verfügen. Und 10 Prozent höher dürfen die Mieten in Häusern mit maximal zwei Wohnungen sein.

 

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Ein Beitrag geteilt von QIEZ – Dein Stadtmagazin (@qiez.de) am Sep 29, 2019 um 9:15 PDT

Neuvermietungen

Als neuer Mieter musst du in den nächsten fünf Jahren nicht mehr zahlen als dein Vormieter. Die Zahlen muss der Vermieter offenlegen. Dadurch soll die Spirale ausgebremst werden, bei jeder Neuvermietung einfach noch ein paar Euro draufzuschlagen, weil sich ja keiner beschweren kann. Ausnahmen gelten für Wohnungen, die noch eine Miete von unter fünf Euro haben: Hier darf der Vermieter höchstens einen Euro pro Quadratmeter für eine modern ausgestattete Wohnung aufschlagen, um auf maximal fünf Euro und zwei Cent Netto zu kommen. Die Neubauten nach 2014 sind ausdrücklich vom Mietendeckel ausgenommen, um den Baumarkt und die Konjunktur nicht auszubremsen.

Antrag auf Mietsenkung

Wenn deine Miete mehr als 20 Prozent über der Obergrenze des oben erklärten Mietspiegels liegt, kannst du ab September 2020 dagegen vorgehen. Diese Verzögerung nach Inkrafttreten des Gesetzes hat juristische Gründe. Mieter erhalten auf Wunsch beim Bezirksamt eine Bescheinigung über die für sie gültige Höchstmiete. Im Anschluss können sie auf eigene Faust entweder die Miete kürzen oder eine Senkung vom Vermieter verlangen. Beides könnte auf dem Rechtsweg enden. Bei einer eigenhändigen Kürzung solltest du das gesparte Geld bis zur endgültigen Klärung beiseite legen –  auch weil das gesamte Gesetz ja noch gerichtlich gekippt werden könnte. Zuständig für Verstöße gegen die neuen Obergrenzen ist die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen. Wie gut die Umsetzung und Überwachung funktionieren wird, bleibt abzuwarten. Der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) hat seinen Mitgliedern übrigens schon empfohlen, die Mieten wie vom Gesetz vorgeschrieben abzusenken und einige Berliner haben tatsächlich bereits erfreuliche Post von ihren Vermietern erhalten…

Die Anlaufstellen

Während die Investitionsbank Vermietern zur Seite steht, bleiben die Berliner Mietervereine die erste Anlaufstelle für Rat suchende Mieter. Zuständig für die Durchsetzung des Mietendeckels ist die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Für Fragen und Infos gibt es eine extra Webseite der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen und das Bürgertelefon, aber unter der Berliner Nummer 115 kannst du noch nicht wirklich mit geschulten Mitarbeitern rechnen: an Lösungen für Probleme wird noch gearbeitet…

 

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Strafe

Damit nicht doch wieder Druck auf die Mieter ausgeübt werden kann und Verstöße nicht als Kavaliersdelikte von Vermietern in Kauf genommen werden, wird ein Bußgeld von bis zu 500.000 Euro angesetzt.

Die Gegner

Wie nicht anders zu erwarten, schrie die Immobilienwirtschaft und die Opposition im Abgeordnetenhaus lautstark gegen den Gesetzentwurf an. Der Immobilienverband sprach angeblich sogar von „sozialistischer Wohnungsbaupolitik“. Schließlich ist es nicht rentabel, wenn der Markt gesetzlich nach oben beschränkt wird. Auch befürchtet man Auswirkungen auf das Bauwesen, was wiederum für eine Verschlechterung der Lage etlicher Handwerksbetriebe führen könnte. Da hierzulande ja normalerweise die freie Marktwirtschaft über fast allem steht, fragte man sich auch öffentlich, ob die Regierung sich überhaupt einmischen darf. Zumal es nur eine Landesregierung ist… doch das Interesse der Bundesregierung sollte mittlerweile geweckt sein, auch weil München, Frankfurt am Main und Leipzig den Berliner Vormarsch mit großem Interesse verfolgen und so vielleicht bundesweit eine kommunale Regelung für alle Großstädte gefunden werden muss – nicht nur für Stadtstaaten.

Woran der Mietendeckel jetzt noch scheitern kann

Was das Gesetz der rot-rot-grünen Regierung stoppen könnte, wäre die Feststellung, dass es nicht rechtens ist. Das Bundesverfassungsgericht wird wohl irgendwann höchstinstanzlich klären, ob das Berliner Gesetz mit dem Recht auf Eigentum vereinbar ist und ob eine Landesregierung ein solches Mietrecht überhaupt verabschieden darf. Die Klagen sind jedenfalls schon vorbereitet.

Und was ist in fünf Jahren?

Unser Regierender Bürgermeister Michael Müller befürwortet das Motto:  bauen, kaufen, deckeln. Der Mietendeckel ist nicht das Allheilmittel, er soll den Mietern eine Atempause verschaffen und durch das Einfrieren vielleicht sogar dafür sorgen, dass mit Hilfe der Inflation in fünf Jahren unsere Einnahmen wieder zu unseren Mieten passen. Parallel dazu werden weiterhin um die 16.000 neue Wohnungen im Jahr gebaut und der Rückkauf von Wohnungen aus privater Hand verstärkt angegangen. Berlin kann so hoffen, in fünf Jahren schon besser dazustehen als heute. Auch weiß man nicht, was die Bundesgesetzgebung bis dahin vielleicht noch für Möglichkeiten auftischt oder ob andere Maßnahmen greifen, die weiter erarbeitet werden. Die Zukunft kann niemand voraussagen, aber immerhin wurde unsere Hoffnung auf faire Mieten schon jetzt erhöht.

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