Debatte oder Debakel

Der große Impfstreit: Zwei Lager voller Angst

Baby schaut aus einer weißen Decke hervor.
Als Eltern müssen wir Entscheidungen treffen zum Wohl des Kindes.
Es fällt schwer, bei dem Thema ruhig zu bleiben, gerade wenn man selbst Kinder hat. Impfgegner und Impfbefürworter gehen sich an die Kehle und am Ende bleibt die Frage: Seid ihr total verrückt? Ein Kommentar ...

Es sind schon drastische Worte gefallen, um Impfgegner davon zu überzeugen, ihren Kindern nicht den Schutz vor zum Teil tödlichen Krankheiten zu verweigern. Asoziales Pack gehört noch zu den harmlosen Beschimpfungen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) zählt die Impfgegner sogar zu den größten Gesundheitsrisiken für die Menschheit. Rufe nach einer Impfpflicht werden lauter und auch in Sachen Frontalangriff vor der KiTa schrecken besorgte Pro-Impf-Eltern nicht mehr zurück. Dabei weiß man doch selbst spätestens seit der Pubertät: Wenn der Druck von außen zu groß wird, macht man einfach noch mehr zu. Ich befürchte sogar, die Impfgegner haben Freude daran, zu sehen, wie wir uns echauffieren, uns den Mund fusselig reden und für Vernunft plädieren. Um es noch mal klar zu formulieren: Ich bin FÜR das Impfen. Damit gehöre ich zu den Ahnungslosen, den Naiven, den Hörigen, die ihren Kindern freiwillig Schlimmes antun, nur weil ein paar Ärzte und die Pharmaindustrie das sagen… Echt jetzt?

Schutzlos in den Tod

Würdest du dein Kind ohne Fallschirm aus dem Flugzeug springen lassen? Oder kannst du dir vorstellen, den süßen Nachwuchs in eine Schlangengrube laufen zu lassen, in der er nur gaaaanz vielleicht von einem giftigen Exemplar gebissen wird? Nein? Als vor fast dreihundert Jahren auch in Europa Ärzte endlich anfingen, Möglichkeiten zu testen, wie man Menschen gegen  Pocken immun machen könnte, wurden sie mit viel Hoffnung und noch mehr Skepsis beobachtet. Jede neue Pockenepidemie forderte unzählige Opfer. Nur wer die Krankheit einmal überlebt hatte, konnte sicher sein, nicht daran zu sterben. Das brachte Ärzte auf die Idee, Menschen leicht mit Pocken zu infizieren, um den Verlauf der Krankheit abzumildern. Es dauert eine Weile, bis auch Ungebildete einsahen, dass es besser war, durch die sogenannte Inokulation nur wenig zu erkranken als an der Seuche zu sterben. Das Tolle ist, heute sind wir so viel weiter. Wir müssen uns gar nicht mehr mit Pocken rumschlagen und eine Impfung macht im Gegensatz zur Inokulation nicht krank.

Comeback tödlicher Infektionen

Ja, ich höre das Seufzen und Stöhnen derer, die meinen, dass wir unseren Kinder durch die Impfung nur schaden, dass ihr Immunsystem keine Chance bekommt, stark zu werden. Und ich frage mich, wie viele Impfgegner ihre Wohnung ständig desinfizieren, hysterisch werden, wenn ihr kleiner Liebling das angelutschte Brötchen vom KiTa-Freund in den Mund steckt und wie viele von ihnen an Wunderheiler glauben. Wahr ist: Millionen Kindern konnten Masern erspart bleiben ebenso Keuchhusten, Kinderlähmung, Wundstarrkrampf und vieles mehr. Möchtest du sehen, wie dein Kind eitrig, blutigen Schnupfen bekommt, wie es nur noch pfeifend einatmen kann, wie eine Lungenentzündung es so sehr schwächt, dass es schließlich nicht mehr zu retten ist? So kann es ausgehen, wenn ein Kind Diphterie hat. Auch dagegen gibt es einen Impfschutz. Eine Masernparty ist kein Ersatz für eine Impfung. Und Masern sind kein Kindergeburtstag. Im Gegenteil: An den Spätfolgen kann dein Kind sterben.

 

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Ein Beitrag geteilt von Daniela Schiebelhut (@schiebelhuetchen) am Mär 26, 2019 um 9:45 PDT

Kaum Nebenwirkungen beim Impfen

Die Gefahren beim Impfen sind mehr als gering und niemand muss sich die Mühe machen, mir die Einzelfälle unter die Nase zu reiben, bei denen Komplikationen auftraten. Mit Sicherheit ist jedes Kind, das durch Impfen erkrankt, eins zu viel. Aber meistens liegt es nicht am Impfstoff, sondern an einer allergischen Reaktion. Die Wahrscheinlichkeit, dass so etwas auftritt, ist extrem winzig und muss dennoch kommuniziert werden. Wenn man sich die Verpackungshinweise bei einer einfachen Kopfschmerztablette anguckt, hat man auch nicht gleich das Gefühl, die Einnahme nicht überstehen zu können: von Atemnotanfällen ist da zu lesen, von Nierenfunktionsstörungen, Magen-Darm-Blutungen und vielem mehr.

Angst vor Dummheit

Mittlerweile haben die Mediziner sich sogar die Mühe gemacht, die Mythen der Impfgegner aus dem Weg zu räumen. Durch Forschung und mit Sorgfalt. Also: Autismus wird nicht durch Impfungen ausgelöst. Auch kann kein Nachweis gefunden werden, dass Impfstoffe Allergien verursachen. Ich empfehle allen Eltern, die meinen, sie seien klüger als ein Haufen Wissenschaftler und dass alle Zahlen, die zeigen, wie viele Menschen früher an den besagten Krankheiten starben und wie wenige heute, gefälscht seien: Seht euch die Symptome an, die  eure Kinder erleiden müssten. Und dann erkläre deinem Sohn und deiner Tochter, warum du ihnen nicht das gibst, was du ihnen schuldig bist: Schutz und Sicherheit. Die meisten Übel könnten längst ausgerottet sein. Impfverweigerung ist kein Statement wie ein Bugaboo oder Finkid-Outfit, es geht um das Leben unserer Kinder. Seid ihr verrückt, das nicht so gesund wie möglich zu gestalten? Ja, wir haben auch Angst: vor euch.

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