In den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde die Kreuzberger Fontanepromenade zur „Schikanepromenade“. Die inoffizielle Umbennennung durch den Volksmund stand in Zusammenhang mit der Eröffnung der – Achtung Euphemismus! – „Zentralen Dienststelle für Juden“ im Dezember 1938. War das 1906 errichtete Gebäude in der Fontanepromenade 15, von dem heute nur noch das Vorderhaus erhalten ist, zunächst Verwaltungssitz der Fuhrwerks-Berufsgenossenschaft, so wurde es nun zu einem gefürchteten Wahrzeichen antijüdischer Staatsgewalt.
Stundenlanges Schlangestehen, Beleidigungen und Schikanen durch Verwaltgungsbeamte standen auf der Tagesordnung. „Meine Damen, Sie kommen jetzt in eine Fabrik und haben dort zu arbeiten. Sie können froh sein, daß Sie endlich mal in ihrem Leben eine vernünftige Arbeit kennenlernen werden. Sie wissen ja wohl, wieviel Sie damit jenen voraus haben, die sich unterdessen in Polen das Arbeiten angewöhnen …“, wird etwa in einem Tagebucheintrag der Jüdin Elizabeth Freund der damalige Leiter des ‚Jüdischen Arbeitsamtes‘ zitiert.
Einer Kreuzberger Mutter ist es zu verdanken, dass die NS-Vergangenheit des Hauses in der Fontanepromenade wieder stärker ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt wurde. Zwar sind die Fenster noch immer verrammelt, der Putz bröckelt und die Eingangstür ist mit Grafitti beschmiert, doch zumindest ragt vor dem Haus eine zwei Meter hohe Stele in die Höhe. Auf der vor einem Jahr errichteten Gedenksäule wird an die verhängnisvolle Geschichte des Gebäudes und an das Schicksal der jüdischen Berliner Zwangsarbeiter erinnert.
„An wie vielen ‚dunklen‘ Orten jüdischer Geschichte in Berlin man wohl täglich unbemerkt vorbeiläuft? Gut, dass immer mehr Bürger die Vergangenheit ihres Kiezes aufrollen und sich für die Erinnerung stark machen!“