Pankow geht betteln: So weit ist es jetzt schon gekommen mit den chronisch klammen Bezirken. Auch an der Marienburger Straße gut einen Kilometer südlich hängen Plakate, die um Spenden für den dortigen Spielplatz werben – in dem Fall für eine hölzerne Kletterburg.
Kontroverse Reaktionen
Die Pankower Idee provoziert in anderen Bezirken und bei der Landespolitik kontroverse Reaktionen. Einerseits sei es sinnvoll, wenn der Staat bürgerschaftliches Engagement einbezieht, sagt der haushaltspolitische Sprecher der CDU im Abgeordnetenhaus, Christian Goiny. So findet er es gut, wenn sich Eltern in Fördervereinen für Schulen einsetzen. Auch Patenschaften wie für mehr Pflanzen und Bänke in den Bezirken seien zu begrüßen. Andererseits müssten staatliche Kernaufgaben auch vom Staat bezahlt werden: „Wir können nicht prinzipiell darauf setzen, Spielplätze durch freiwilliges Engagement zu sichern.“
Steffen Zillich, der für die Linkspartei im Abgeordnetenhaus sitzt, befürchtet, dass so ein Vorgehen die sozialen Unterschiede verstärkt: Während in Prenzlauer Berg viele Menschen lebten, für die eine Spende kein Problem sei, hätte ein vergleichbarer Aufruf in Neukölln kaum Chancen, vermutet er. „Der Zustand der Spielplätze darf nicht von der Zahlungsfähigkeit der Anwohner abhängen.“ Der Grünen-Haushaltspolitiker Jochen Esser schätzt, dass berlinweit rund 200 Millionen Euro fehlen, um alle nötigen Reparaturen der bezirklichen Infrastruktur zu leisten. Daher sei es zu begrüßen, wenn sich Bürger engagieren. So wie bei vielen Brunnen, in denen im Sommer nur dank der Sponsoren das Wasser sprudelt.
Zu wenige Geld in den Bezirken
Die klammen Bezirke stecken in einem Dilemma, sagt Rainer Hölmer, Baustadtrat in Treptow-Köpenick. Einerseits gehöre die Instandhaltung der Infrastruktur zu ihren klassischen Aufgaben – andererseits habe man einfach nicht genug Geld. Sein Bezirk setzt allerdings bislang nicht aufs offensive Spendensammeln wie Pankow, sondern baut marode Spielgeräte ab, ohne Ersatz zu beschaffen. Andere Bezirke sperren Spielplätze, deren Geräte verfallen sind, gleich komplett.
Die Aktion sei gut angelaufen, rund 900 Euro Spenden seien an der Marienburger Straße schon eingegangen. Ähnliche Erfahrungen habe man auch mit Spendenaufrufen für mehr Bäume gemacht, erzählt Kirchner. Bis zu 20.000 Euro spendeten die Pankower jedes Jahr – genug für bis zu 20 neue Bäume. Ist die Spendenbüchse also ein bezirkliches Finanzierungsmodell der Zukunft? „Ich würde mir wünschen, dass es nicht nötig wäre“, sagt Kirchner. „Aber wir wissen uns nicht anders zu helfen.“ So habe man sich eben entschlossen, pragmatisch zu handeln: „Wir wollen nicht einfach nur jammern, sondern konstruktiv mit der Not umgehen.“
Andere Bezirke verfolgen das mit Neugier: „Die Kollegen in Pankow sind kreativ“, lobt die Stadträtin für Facility Management in Mitte, Sabine Smentek. „Wenn das etwas nützt, ist es wunderbar.“