Wer sich allerdings derzeit westwärts die Spree entlang, Schillingbrücke, Verdi-Hochhaus und Paula-Thiede-Ufer im Rücken, über Erdpfade und verkrautete Passagen aufs steppige Terrain Richtung Michaelbrücke begibt, erlebt vor allem jenen Hippie-Schmuddel reloaded, den Abenteuer-Touristen gern zum Markenzeichen der Berlin-Romantik verklären. Müll verteilt sich über Buschecken. Nasse Teppiche müffeln im Sand, lüften überm efeubewachsenen Ufergelände. Zum „Teepeeland“, der Siedlung aus Wigwams, Hütten und Campingzelten, lädt das Introplakat „Love Loves Freedom“. Hier mischen sich gestalterische Mühe, liebevoll ummauerte Beete und akurate Pflasterwege mit chaotischem Messie-anismus. Viele, viele Drahtesel lehnen in den Ecken, werden aufgemöbelt. Flußwärts wirbt ein orange-blau-gelbes Plakat für Teepeeland Cultural Projekts.
DDR-Überbleibsel
Als spektakuläre Geschichts-Relikte fallen hier nur dem, der’s weiß, fünf besprühte Elemente des Hinterlandschutzwalls auf (Graffiti: „2014 Do you wanna be in this business“); und hinterm Zeltdorf ein Bootsbunker der Grenzer. Vor der Bunkertür ein Aushang: „Das Bootshaus ist der Raum im und am Wasser. Die Spree im Raum plätschert begleitend zur kulturellen Nutzung von Ausstellungen, Workshops, Tanz, Gesang, Film, gemeinsamem Essen, Versammlungen und womit man sonst noch Atmospähre schafft.“ Wer durch den Spion in der Eisentür blinzelt, sieht ein Motorboot unterm Bunkerdach im Wasser, einen breiten Brettersteg als Tanzdeele vor großen Fenstern. Auch auf dem Dach kann geschwooft werden. Die fünf Mauerelemente stehen vorm Dorfeingang, sind rückwärtig mit dem Allerlei des Nomadenalltags zugemüllt. Hinweise auf den Denkmalcharakter der DDR-Überbleibsel: keine.
Instrumentalisiert der Alarmismus von Luise Nord nur Denkmalschutzargumente, um den status quo für andere „Nutzungen und Wünsche“ zu erhalten? Gegenüber dem Tagesspiegel bekräftigt Stadtrat Spallek, dass keineswegs eine Autostraße, sondern ein Uferweg für Fußgänger und Radler geplant sei. Derzeit gehe es darum, einen Uferstreifen von 10 bis 20 Metern in öffentlichen Besitz zu bringen; einige Parzellen müssten noch erworben werden. Im August werde eine Homepage eingerichtet, auf der jeder große und kleine Gestaltungsideen einbringen dürfe. Man biete Bürgerbegehungen und Workshops an, werde Ende 2015 einen „freiraumplanerischen Wettbewerb“ ausloben. 2016 solle eine Jury entscheiden, zu der auch die Betroffenenvertretung gehöre. Auf welche Art die Mauerrelikte integriert würden, oder ob etwa der Uferweg um den Bunker herum oder gar über diesen hinüberführe, bleibe bis dahin offen.
Und das Mauerstück bleibt dicht.