Interview

VAUU: "Ich habe keinen Plan B!"

Der Berliner Rapper Vauu macht Musik, die Genre-Barrieren sprengt. Hör's dir heute Abend selbst an!
Der Berliner Rapper Vauu macht Musik, die Genre-Barrieren sprengt. Hör's dir heute Abend selbst an!
Ein Newcomer, aber kein Unerfahrener, ein Autoditakt, aber kein Dilettant, ein Übertalent – mit Bodenhaftung: VAUU. Bereits vergangenes Jahr wurde der  Berliner für seine EP "Blau" gefeiert. Nun ist sein erstes Album "Heile Welt" erschienen. Unsere Autorin Friederike Hintze traf VAUU in seinem alten Kiez Kreuzberg auf eine Tasse Tee. Ein Gespräch über Berliner Kieze, positive Melancholie, den Wunsch nach einer heilen Welt und coole Omas …
Qiez.de: Wenn man mit Dir durch den Kiez läuft, merkt man, du bist hier immer noch verankert. Du triffst alte Bekannte, begrüßt Sie mit Umarmung. Auch Deine Oma wohnt noch hier. Eben noch, vor unserem Treffen, warst Du bei ihr zu Besuch. Dennoch bist Du nach Charlottenburg gezogen. Warum?
 
VAUU: „Das hat finanzielle Gründe! Es ist mittlerweile so, dass man im Berliner Westen günstiger Altbauwohnungen mit Dielen und Stuck mietet, als hier in der Nachbarschaft. Ich verbinde auch einiges mit dem Ku’Damm. Dort bin zur Hälfte aufgewachsen. Quasi, zwischen Ku’Damm und Kotti.“

Fühlst Du dich wohl im Westen?
 
„Ja total! Es ist sehr schön. Ein altes Stück Berlin. Das spürt man. Besonders rund um dem Savignyplatz, in den kleinen Straßen, in den Eck-Cafés: Da sitzen die Leute morgens und trinken Kaffee, nicht mit einem iPad in der Hand, sondern mit einer echten Zeitung, aus Papier!“ (lacht)
 
Vermisst Du dennoch manchmal Kreuzberg?
 
„Teilweise schon. Ich vermisse, dass man aus der Tür geht und mitten im Leben steht.“
 
Deine Oma wohnt ja auch in Kreuzberg. Ihr habt eine enge Beziehung zueinander. Sie spielt sogar in Deinem Video zu „Bevor ich geh“ mit – wie kam es dazu?
 
„Ich fand die Idee lustig: Der Song geht um das Ende einer Liebe. Man sieht eine Oma, die in einer alten Karre durch die Stadt fährt, Quatsch macht, trinkt und raucht – und erst am Ende schlüsselt sich auf, dass sie ihren Mann in der Spree entsorgt. Ich hab sie gefragt, ob sie Lust dazu hat – und sie meinte ja! Meine Oma ist cool!“  
 
Wie findet sie Deine Arbeit?
 
„Meine Oma feiert die Musik! Sie mag die Texte!“
 
Und wie würdest Du Deine Musik beschreiben?
 
„Ich denke, ich mache Crossover-Musik, eine Mischung aus Singer-Songwriter, Pop und Rap. Für mich ist Musik etwas Emotionsgesteuertes  – wenn ich etwas fühle, dann mache ich das.“
 
Und nun ist Dein Album erschienen. Bist Du nervös?
 
„Ja, ich bin aufgeregt! Aber auch zuversichtlich. Wenn man ein Album macht, dann arbeitet man wie in einer Blase. Irgendwann kann man nicht mehr einschätzen, ob das, was man macht, gut ist oder nicht. Ist es neu, ist es alt? Wir müssen das Album abwarten. Dann werden wir sehen, wie es ankommt. Ich habe ganz viel Liebe, und Zeit hineingesteckt. Und ich freue mich auf die direkte Resonanz der Leute. Ich habe ohnehin keinen Plan B. Musik ist das, was ich machen will und ich werde weitermachen.“
 
Eigentlich sollte Dein Album schon letztes Jahr auf den Markt kommen. Das Release-Datum wurde verschoben. Warum?
 
„Wir hatten vieles zuerst über den Computer eingespielt. Dann fiel der Entschluss, erneut ins Studio zu gehen und das gesamte Album noch einmal analog, mit echten Musikern und echten Instrumenten aufzunehmen. Das war eine schwere Entscheidung, weil ich total hungrig bin. Ich will Sachen rausbringen – wollte das schon damals. Aber ich mag den analogen Sound. Ich mag es, wenn ein Klavier wie ein Klavier klingt und ich denke es hat sich gelohnt.“

Wie war die Zeit vor dem Release? 
 
„Sehr intensiv. Wir haben teilweise im Studio gepennt, Tag und Nacht daran gearbeitet. Als wir fertig waren, sind wir erst einmal einen trinken gegangen. Danach ist jeder eine Woche lang nicht ans Handy gegangen. Später stellte man fest, dass man die Leute vermisst. Es vergeht viel Zeit zwischen Fertigstellung und Release. Aber langweilig wird einem nicht.“
 
Du bist neuerdings das Testemonial für die Kampagne des BVL – Den Bundesverband für Legasthenie und Dyskalkulie. Wie kommt’s?
 
„Ich bin selbst Legastheniker, hatte früher in der Schule extreme Schwierigkeiten. Ich finde es wichtig, darauf aufmerksam zu machen und auch sowas gehört irgendwie zu meiner Arbeit als Musiker.“
 
Und nun ist es da – Dein Album: Es trägt Namen „Heile Welt“: Warum wähltest Du diesen Titel?
 
Ich glaube, aus jedem Song spricht der Wunsch nach einer heilen Welt. Es gibt immer eine Problematik und einen Lichtblick. Positive Melancholie!
 
Hegst Du den Wunsch nach einer heilen Welt in Dir?
 
„Tut das nicht jeder? Den Wunsch nach Glück und Zufriedenheit in sich tragen?“
 
Vielleicht. Und nun geht es auf Tour? 
 
„Ja, im März gehen wir auf kleine Deutschlandtour, zum Beispiel nach Frankfurt, Köln, Hamburg, München und natürlich Berlin. Da treten wir in der Berghainkantine auf.“
 
Du trittst mit einer Liveband auf – wie findet man da einen musikalischen Nenner mit den anderen Bandmitglieder?
 
„Ich habe das große Glück, mit Musikern zu arbeiten, die Bock haben, das zu machen, was sie machen. Das verbindet. Wir sind mit ganzem Herzen dabei. Der Gitarrist schläft abends mit seiner Gitarre ein und wacht morgens auf. Und so geht es mir auch. Ich bin von Musik umgeben, gehe morgens aus dem Haus, Kopfhörer rein und höre Musik.“
 
Was hörst Du denn so?
 
„Momentan höre ich das Album „Zum Leben verurteilt“ von dem Berliner Rapper Said. Das habe ich für mich entdeckt und ich kann es sehr empfehlen. Auch die Jungs von BESTE, mit denen ich gut befreundet bin und teilweise auch arbeite, höre ich viel: Dazzle, BRKN, Merlin. The Doors habe ich wieder rausgekramt, Chet Faker oder Buena Vista Social Club.“
 
Stellen wir uns vor: Dein Album schlägt richtig ein: ein voller Erfolg. Du wirst über Nacht deutschlandweit bekannt  – was glaubst Du, was sich für dich ändert?
 
„Ich hoffe nicht viel. Eigentlich ist alles wunderbar so. Nur, dass ich nachts ab und an mit dem Taxi heimfahren kann. Das wäre cool!“

VAUU, wir danken Dir für das Gespräch!

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