Berliner Persönlichkeiten zeigen ihren Kiez

Florian Froschmayer: Der Neue am Stutti

Florian Froschmayer in seinen neuen Arbeitsräumen in der Gervinusstraße.
Florian Froschmayer in seinen neuen Arbeitsräumen in der Gervinusstraße.
Savignykiez - Der 42-jährige Schweizer ist ein echtes Multitalent. Neben seiner Arbeit als Regisseur und Fotograf bringt er nun auch noch eine eigene Software zur Koordination kompletter Filmproduktionen auf den Markt. Wo der Workaholic in seiner Wahlheimat Berlin am besten abschalten kann und warum er sich am Stuttgarter Platz (noch) nicht ganz so wohl fühlt, hat er im Interview mit QIEZ verraten.

Wir treffen Florian Froschmayer, Regisseur von über 50 TV- und Kino-Produktionen (u.a. „Tatort“), in seiner neuen zweiten Heimat: einer umgebauten ehemaligen Weinbar in der Gervinusstraße, nur wenige hundert Meter von seiner Altbauwohnung im Savignykiez entfernt. Hier haben sich Froschmayer und seine Frau in den vergangenen drei Monaten einen kleinen Traum erfüllt. Künftig werden sie die Räumlichkeiten als Ausstellungsort und Büro nutzen – offene Küchenzeile und S-Bahnanschluss inklusive.

Dass Froschmayers Lebensmittelpunkt mittlerweile in der City West liegt, hat ebenfalls mit seiner Frau zu tun. „Sie ist gebürtige Ostberlinerin, lebt aber schon ewig in Charlottenburg. Zurückzuziehen kam für sie überhaupt nicht infrage. Genauso wenig wie ein Umzug an den Adenauerplatz. Für viele Berliner reicht ja das echte Charlottenburg nur von der Kantstraße bis zum Kurfürstendamm und von der Leibnizstraße bis zur Uhlandstraße. Aber das musste ich erst lernen“, lacht der Filmemacher.

Nach seinem endgültigen Umzug nach Berlin 2003 lebte der ausgebildete Kaufmann, der als Cutter den Einstieg in die Filmbranche schaffte, zunächst an der Hasenheide. Dort wurde es ihm nach vier Jahren jedoch zu beschaulich. „Die Wohnlage war total idyllisch und ich wollte endlich etwas mehr Urbanität“, erinnert er sich. Es folgten drei Jahre in einer Dachgeschosswohnung in der Alten Schönhauser Straße. „Im Vergleich zu den Zürcher Verhältnissen waren die Mieten für mich damals paradiesisch“, betont er. 

Charlottenburger Wohnzimmerfeeling

Es hat zwar ein wenig gedauert, aber heute vermisst Froschmayer Mitte als Wohnort kaum noch. „Ich habe mich dort total wohl gefühlt, es war so inspirierend, angenehm anonym und die Leute fand ich toll – aber jetzt ist Charlottenburg mit seiner gemütlichen Atmosphäre für mich ein echtes Zuhause geworden.“ Abgesehen von der engen kleinen Post in der Kantstraße stört ihn an seinem Heimatkiez wenig. An das Gefühl einer echten „Community“, in der „irgendwie jeder jeden kennt“ hat er sich mittlerweile gewöhnt. Und die ruppige Berliner Art fand Froschmayer sowieso von Anfang an gut: „Ich mag das, diese Ehrlichkeit. Und ich kann, wenn‘s sein muss, in Sachen Ruppigkeit auch ganz gut mithalten.“

Eine gewisse Liebe zu nicht ganz billigen, dafür aber außergewöhnlich guten Dingen zeichnet sich bei Froschmayers Lieblingsadressen ab. So trifft man ihn zum Essen beispielsweise im Il Calice am Walter-Benjamin-Platz oder im Grosz. Auch ein Champagnerfrühstück im Ritz Carlton darf es einmal im Jahr sein. Außerdem ist der Regisseur Mitglied im exklusiven Soho House Club. „Dort bin ich regelmäßig einmal pro Woche. Auf der Dachterrasse kann man einfach super arbeiten“, erzählt der schlanke Serienfan mit den graublauen Augen, der im Alter von 13 Jahren durch den Streifen „Zurück in die Zukunft“ mit dem Filmvirus infiziert wurde. Schon fast zu heimisch zum Arbeiten fühlt sich Froschmayer außerdem im SETs in der Schlüterstraße, in dem man nicht nur lecker frühstücken kann, und im Restaurant Jules Verne am S-Bahnhof Savignyplatz. „Das sind beides mehr so Wohnzimmer für mich.“

Wo sich der Regisseur bisher allerdings nicht ganz so wohl fühlt, das ist der Stuttgarter Platz. „Das hier ist nicht so meins, was vielleicht auch an der Atmosphäre zum Beispiel rund um die Wilmersdorfer Arcaden liegt. Ein Lieblingsrestaurant habe ich hier bis jetzt leider auch noch nicht gefunden“, bedauert er. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Genauso wie ein Besuch im Zoo und in der Gedächtniskirche. Beide Sehenswürdigkeiten hat Froschmayer, der bereits seit fünf Jahren in Charlottenburg lebt, nämlich noch nie besucht.

Ein ziemlich genialer Park

Was der begeisterte Hobbykoch dagegen empfehlen kann, sind der nette Küchenladen in der Knesebeckstraße und der zwischen Schöneberg und Kreuzberg gelegene Park am Gleisdreieck. „Ein Freund hatte mir den als Location für meinen in Berlin angesiedelten Film „Süßer September“ [Erstausstrahlung Mitte September 2015, Anm. d. Red.] vorgeschlagen. Wir sind da von den Yorckbrücken reingelatscht, ich dachte erst ‚Was soll das denn hier?'“, erinnert sich der Regisseur. „Und dann war es plötzlich so grün und voller neuer Sichtachsen, als würden wir in einer ganz anderen Stadt sein.“  

Ebenso wie seine Fertigkeiten als Regisseur und Fotograf hat sich Froschmayer auch sein Können als Programmierer komplett selbst erarbeitet. Das kam ihm für die Arbeit an seinem neuesten Projekt, dem Programm SCRIPTtoMOVIE, zugute. Mithilfe einer ausgeklügelten Datenbank können die Abläufe einer Filmproduktion damit erleichtert und synchronisiert werden – und zwar für die gesamte Crew, vom Regisseur bis zum Kostümassistenten. „Am Filmset hängt alles mit allem zusammen. Diese Masse an Infos und der häufige Wechsel des Drehplans sorgen dafür, dass man sich immer mit einem unglaublichen Papierkram herumschlagen muss. SCRIPTtoMOVIE ist der Versuch, das alles zu automatisieren“, erklärt der Erfinder. Zwei Jahre Entwicklungsarbeit und die Unterstützung professioneller Programmierer hat Froschmayer in das Programm investiert, die ersten drei Filme konnten so schon realisiert werden.

Du möchtest die Arbeit von Florian Froschmayer kennenlernen? Dann schalte am 6. September um 20.15 seinen „Tatort: Ihr werdet gerichtet“ im ERSTEN ein oder schau‘ am 25. September um 20.15 Uhr auf demselben Sender „Süßer September“. Außerdem startet Froschmayers Fotoausstellung „Cities & Faces“ am 27. August. Wo? Natürlich in der frisch hergerichteten Gervinusstraße 12. Weitere Infos unter www.froschmayer.tv.

Jules Verne, Schlüterstraße 61, 10625 Berlin

Telefon 030 31809410

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