Berliner Persönlichkeiten zeigen ihren Kiez

Raphaël Vogt: "Berlin, ick liebe dir ...!"

Aufgeschlossen und ehrlich: Raphaël Vogt ist ein echter Berliner.
Aufgeschlossen und ehrlich: Raphaël Vogt ist ein echter Berliner. Zur Foto-Galerie
Südliches Charlottenburg - Der 39-jährige Schauspieler, der uns nicht nur als Ex-GZSZ-Star, sondern auch durch viele weitere TV-Produktionen ans Herz gewachsen ist, kennt die Hauptstadt als gebürtiger Berliner ziemlich gut. Da mussten wir ihn natürlich mal ins Kreuzverhör nehmen! Herausgekommen ist eine ehrliche Reise quer durch Berlins Vergangenheit und Gegenwart, zu Raphaël Vogts Lieblingsorten und einer Top-Adresse, wenn es um Kampfsport geht.

QIEZ: Lieber Raphael, du bist ja einer der wenigen „waschechten“ Berliner. Wo genau hast du deine Kindheit verbracht?

Raphaël Vogt: „Das ist lustig, aber da wo ich herkomme, bin ich als echter Berliner noch kein Exot! Ich weiß genau was Ihr meint. Aber die Zugereisten tummeln sich ja eher im Prenzlauer Berg und in Mitte. Mittlerweile auch viele in Neukölln und Kreuzberg. Schon verrückt. Ich habe meine Kindheit in Wilmersdorf, genauer gesagt im grünen Grunewald verbracht. Da bin ich aufgewachsen. Nach der dortigen Grundschule ging es von der Vierten ab aufs Französische Gymnasium. Der damalige 19er hat mich dafür täglich über den Ku’damm direkt nach Tiergarten gebracht. Und am Nachmittag zurück.“

Was sind deine frühesten Erinnerungen an die Stadt? Was fandest du als Kind bzw. als Jugendlicher besonders toll an Berlin?

R.V.: „Ich habe sehr vage Erinnerungen an die Stadt als Kind. Die Kindheitserinnerungen knüpfen eher an Frankreich an und da habe ich nie fest gelebt. Muss ich ganz schön kramen. Ich erinnere mich an den Tag, an dem die Stützräder vom Kinderrad abkamen und wie mein Vater mich damals über den Plöner in Berlin-Schmargendorf geschoben hat. Solange bis es ohne Hilfe und Sturz funktionierte, das Fahren.

Als Jugendlicher hatte ich eine aufregende Zeit in der Hauptstadt. An die erinnere ich mich gern und gut. Hier war es möglich, als 14-Jähriger Filme zu leihen, die erst ab 18 freigegeben waren, oder Bauruinen in diversen Stadtbezirken zu erkunden und sich nur an unvorsichtigen Tagen vom Freund und Helfer dafür nach Hause bringen zu lassen. Sorry Mum, sorry Dad. Gibt Schlimmeres.

Im Bezirk, in dem ich aufgewachsen bin, konnten mein Kumpel Martin und ich unsere Boards und Slidebalken aufstellen und auf der Straße skaten. Bis die Knie kaputt waren. Gute Zeit! Es gab den Hasensprung und den dazugehörigen Park, da haben wir uns gern getroffen und abgehangen. Mein Hund hat den auch geliebt. Rund um den Henriettenplatz und um Eis-Hennig herum haben wir damals auch viel Billard gespielt. Manchmal haben wir uns sogar zum Wetten hinreißen lassen, meistens haben wir gewonnen. Nicht zuletzt ist das Kulturangebot sehr vielfältig und gemischt in Berlin. Ich habe mich beispielsweise schon früh für Theater interessiert und hatte damals ein Abonnement der Freien Volksbühne, über das ich alle Theaterhäuser besucht habe. Ich glaube, ich war damals so ziemlich der jüngste Theaterbesucher, der auch allein in die Stücke ging.“

Hast du den Mauerfall als Teenager damals bewusst miterlebt? An welche Eindrücke erinnerst du dich? Wann hast du den ersten Ausflug in den „neuen“ Teil der Stadt unternommen?

R.V.: „Ich kann mich noch daran erinnern, dass mich meine Eltern nachts geweckt haben und mich zunächst vor den Fernseher gezogen haben, um die Ereignisse zu teilen, die da vor sich gingen. Das war, glaube ich, als das Reisegesetz zu wackeln anfing. Als die Mauer dann tatsächlich fiel, gab es großen Aufruhr an meiner Schule. Diese drohte den Schülern, die nicht zum Unterricht erschienen um den Fall der Mauer live zu erleben, mit Sanktionen, Fehlzeiten und Strafen. Ganz ehrlich: War uns egal, wir waren dennoch vor Ort. So ganz hundertprozentig war mir die Tragweite dieses historischen Ereignisses nicht klar. Aber an den Emotionen der Menschen war sie ablesbar.

Als Westberliner und Halbfranzose bekam ich als Kind den Osten immer beim Rüberfahren zur französischen Familie nach Frankreich mit: Lange Wartezeiten am Checkpoint, Förderbänder, auf denen einen irgendwann der eigene Pass überholt – als Kind hält man da ganz genau Ausschau nach. Und dann lange Fahrten bei genau 100 km/h über die ostdeutsche Autobahn, bloß nicht auffallen. Ostberlin haben wir mit Visum auch ein paar mal besucht.“

Welche Dinge haben sich hier in den letzten 25 Jahren zum Positiven verändert, welche Entwicklungen betrachtest du eher kritisch?

R.V.: „Ich finde man merkt, wie aufgeschlossen Berlin ist. Vor allem gegenüber anderen deutschen Städten. Sicher gibt es Gegenden, in denen, wie zuvor erwähnt, weniger echte Berliner leben. Aber das macht eine solche Stadt auch aus. Steht man an manchen Kreuzungen und schließt die Augen, dann hört man Hochdeutsch, Berlinerisch, Schwäbisch, Türkisch, Polnisch, Englisch, Französisch, Spanisch, Italienisch, Russisch, arabische Laute, noch irgendetwas Asiatisches im Unterton und das alles mischt sich fast symphonisch zusammen zu einem Berliner Potpourri.

Und wisst Ihr, was ich an Berlin besonders mag im Vergleich zu anderen europäischen Großstädten wie zum Beispiel London oder Paris? Das Tempo. Selbst
zu Stoßzeiten wird hier nicht gerannt wie anderswo. Die Herden bleiben recht gemütlich. Ich empfinde diesen Umstand als sehr beruhigend.

Zoo. Auf die Autobahn rutsche ich auch – schnips – ganz schnell, hier sind die Hundebadestelle und der Grunewald nicht weit entfernt für den nächsten vierbeinigen Nachwuchs und die Infrastruktur bietet mir alles, was ich mir so wünsche: Restaurants jeder Art und Couleur, Cafés, Einkaufsmöglichkeiten, Theater, Kinos, ein schöner Lietzensee und mein Kampfsportgym ist gut erreichbar. Wenn ich es mal hipper und jünger will, setz ich mich halt in die Bahn nach Prenzlauer Berg oder Mitte.“

Welches sind deine Berliner Lieblingsorte? Wo gehst du gerne Essen? Wo gerne shoppen? Und wo kannst du die Seele baumeln lassen?

R.V.: „Sushi gehe ich an der Kantstraße im Sy essen. Einen Burger esse ich mal im Windburger, einen etwas feineren Italiener suche ich manchmal am Savignyplatz auf, da gibt’s das Aida. Eine Pizza würde ich dagegen im Portofino oder im 12 Apostel essen und gegen das Ali Baba ist auch mal nichts einzuwenden. Mittags setz‘ ich mich gern mal auf ein authentisches Phat Thai ins Ampai, früher Sakorn. Ich gehe selten Klamotten shoppen. Wenn doch, dann schau ich fix bei Carhartt und bei Adidas an den Hackeschen Höfen rein und verbinde das mit einem Kaffee unter Freunden. Oder aber ich spring in die Wilmersdorfer Arcaden und werf‘ dort einen schnellen Blick oder mich in ein Textil zum Probieren. Die Seele baumelt gern beim Sport oder am Lietzensee.“

Welche Ecken magst du speziell in deinem Kiez am allerliebsten?

R.V.: „Ich mag den Getränkehändler an der Ecke. Den Herrn mit griechischem Namen. Auch bin ich Fan vom Kuchenladen, der ganz hervorragende Backwaren zaubert auf der Kantstraße. Diese erlaube ich mir aber nur selten. Das Gainsbourg à Gainsbarre bietet eine gute Bar und sehr oft Live Musik am Savignyplatz, nur den Rauch muss man abkönnen. Frühstücken im Schwarzen Café, Klassiker. Und wenn ich ins Kino will, guck ich immer zuerst, was im Zoo Palast läuft. Bin ich froh, dass dieser erhalten wurde und sich an die Bikini-Meile schmiegt.“

In Bezug auf deinen neuen Film [in „Rundum glücklich“ spielt Raphaël Vogt einen Koch, Anm. d. Red.]: Kochst du selbst gerne? Wo kaufst du deine Lebensmittel ein?

R.V.: „Ja, ich koche gern, häufig und gut. Eigenlob stinkt. Hey, das sagen Andere 😉 Fastfood ist auch mal OK, aber für mich eher eine Ausnahme geworden. Ich
versuche mich gesund, ausgewogen und bewusst zu ernähren. Ohne dabei arm zu werden. Ich esse gern asiatisch, grob gesagt. Aber auch der deftigen Küche bin ich zugetan. Schwäbisch, deutsch. Sogar im Sommer. Und von Hause aus kommt auch die Französische dazu. Eigentlich mag ich fast alles. Erwischt. Gourmet. Und als solcher weiß ich mir selbst zu helfen und stehe auch gern am Herd.

Satt werden finde ich übrigens großartig. Nouvelle Cuisine ist nett anzuschauen, aber von Appetithäppchen würde ich mich alltäglich nicht ernähren wollen. Da unterscheide ich mich schon sehr von dem, was der Sternekoch „Simon Parcely“ in „Rundum glücklich“ da in seiner Küche fabriziert. Basics, finde ich, kann man ruhig beim Discounter kaufen. Es gibt um die Ecke einen asiatischen Supermarkt, da gehe ich gerne hin, frisches Gemüse und Obst hole ich oft beim Türken.“

Du bist ja aktiver MMA-Sportler. Was reizt dich gerade an dieser Sportart? Wo hast du den Sport (kennen-)gelernt? Und welche Berliner Adressen sind für Leute empfehlenswert, die MMA lernen oder Wettkämpfe live erleben möchten?

R.V.: „Ich übe den Sport aktiv aus, ja. Ich sammel mal: Mein Hobby, eine Leidenschaft, mein Sport, mein zweites Wohnzimmer, meine Auszeit … Angefangen habe ich als Kind mit Judo im Budokan. Das gibt’s heute nicht mehr. Dann war ich als Jugendlicher fürs Taekwondo bei Choi, gibt’s auch nicht mehr. Später dann im Aum fürs Kickboxen. Auch zu. Dann habe ich berufsbedingt pausiert.

Raphaël beim Sport. (c) Stefanie Klein
In Thailand kam ich dann über diverse Aufenthalte und entsprechende Gyms wieder zum Kampfsport. Das habe da drüben in einigen mehrwöchigen Aufenthalten sehr intensiv betrieben und kam ganz gut wieder rein. Hier in Berlin bin dann nach diversen Versuchen irgendwann bei einer Schule gelandet, in der ich immer noch fast täglich trainiere. Das MMA Berlin ist natürlich auch einer meiner Top – Hotspots in Berlin und gleichzeitig meine Empfehlung für jeden, der diesen Sport in netter Atmosphäre erlernen oder ausbauen möchte. Wie der Name schon sagt, wird dort in erster Linie Mixed Martial Arts gelehrt. Ich habe da aber jahrelang nur Kick- und Thaiboxen trainiert, bis ich mich dann doch an die Bodendisziplinen Grappling und Brazilian Jiu-Jitsu und anschließend an das MMA gewagt habe und die Basics gelernt habe.

Ich trainiere heute wieder mehr im Stand, aber egal in welcher Disziplin ich gerade auf der Matte schwitze, es hilft mir persönlich jedes Mal, alles auszublenden, was mich im Alltag beschäftigt. Man fokussiert. Und die Auseinandersetzung mit sich, dem Sport und dem Mann gegenüber ist eine ganz eigene, wertvolle Angelegenheit für mich geworden. MMA ist wahnsinnig vielfältig und dreidimensional. Es ist die Königsdisziplin. Darin besteht der Reiz und man lernt nicht aus. Die Schule veranstaltet alle drei Monate hauseigene Turniere, zu denen Kämpfer aus ganz Europa kommen um größtenteils nach Amateurregelwerk gegen Mitglieder des MMA Berlin zu kämpfen. Die Turniere sind gut besetzt, organisiert und werden sehr professionell nach Verbandsrichtlinien der GEMMAF abgehalten. Eintritt liegt derzeit bei 15 Euro. Jeder ist willkommen. Informationen dazu auf der Website der Schule.

2013 habe ich hier in Berlin und zusammen mit Partnern die Eventreihe Roundhouse MMA Event Series ins Leben gerufen. Wir gehen gerade in Planung für die nächste Veranstaltung. Hier setzt der Matchmaker durchweg professionelle MMA Kämpfe auf die Fightcard. Auch hier lohnt sich ein Besuch. Nicht zu verpassen ist aktuell die UFC Fight Night (Ultimate Fighting Championship, kurz UFC, ist die bedeutendste MMA Organisation weltweit) am 20. Juni in der O2
World hier in Berlin. Derzeit das Beste, was die Hauptstadt zu bieten hat!“


Das nächste Mal können Fans Raphaël Vogt am 17. Mai um 20.15 Uhr in der Pilcher-Verfilmung „Rundum glücklich“ im ZDF erleben. Außerdem strahlt RTL Ende Mai eine Folge „Alles was zählt“ mit Raphaël Vogt in einer Gastrolle aus. Schauspielerische und sportliche Neuigkeiten findet ihr außerdem unter www.raphaelvogt.de, www.facebook.com/raphaelvogtschauspieler und www.facebook.com/raphaelvogtsport.

Foto Galerie

MMA Berlin - Mixed Martial Arts, Crellestraße 19/20, 2. Hinterhof, 10827 Berlin

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