Die Briten liefern sich einen Wettlauf um Berlins musikalische Talente. Nach den legendären Abbey Road Studios öffnet jetzt auch das berühmte British and Irish Modern Music Institute, kurz BIMM, eine Außenstelle in Berlin. Beide Institutionen werben um musikalischen Nachwuchs, der sich von ihnen ausbilden lassen will. Für das BIMM, nach Selbstdarstellung die „größte und führende Institution in Großbritannien und Europa“, die „eine Ausbildung in moderner Musik anbietet“, ist es die erste Dependance außerhalb Großbritanniens. Am heutigen Donnerstag wird sie eröffnet.
Ungefähr 70 Studenten werden künftig in dreijährigen, praxisbezogenen Studiengängen wie „Creative Musicianship“, „Songwriting“ und „Music Business“ ausgebildet und mit einem Bachelorabschluss nach Hause gehen. In den kommenden Semestern soll das Angebot um Kurse in „Producing“ und „Eventmanaging“ erweitert werden. Ein Zuhause gefunden hat BIMM Berlin in den Räumen des Kooperationspartners Noisy Musicworld in der Warschauer Straße.
Aktive Popmusiker oder Produzenten gehören zu den Lehrern
Bei den Abbey Road Studios startet der erste Kurs „Advanced Diploma in Music Production and Engineering“ am 26. Oktober. In zwölf Monaten können Studenten hier alles aus den Bereichen Tontechnik und Musikproduktion lernen.
Zudem gehören Plattenfirmenmitarbeiter, aktive Popmusiker oder Produzenten zu den Lehrern und Tutoren. In Berlin sind das beispielsweise Gary Walker, Manager von The Kills und Austra, der frühere Siouxsie-and-the-Banshees-Schlagzeuger Peter „Budgie“ Clarke oder die Berliner Musikerin Toni Kater. Auch beim Abbey Road Institute sind die Lehrenden vom Fach – „Learn from the masters“ heißt es dort.
In einer Branche der Rockstars zählt der BIMM-Abschluss etwas
Das BIMM wirbt obendrein damit, dass 80 Prozent der Studierenden später auch ein Auskommen in der Musik finden. Zwar werden die wenigsten Popstars wie die in Großbritannien prominenten und preisgekrönten BIMM-Absolventen The Kooks, Kate Nash, George Ezra, James Bay oder Tom Odell. Aber viele finden Jobs als Songschreiber oder Produzenten, Live- oder Session-Musiker, arbeiten für Labels oder Agenturen. Das BIMM bildet, wenn man so will, das Fußvolk der Popindustrie aus. In einer Branche, in der das Schulbankdrücken einst als Hochverrat galt, zählt der BIMM-Abschluss etwas. Auch weil der Rock ’n’ Roll zwar noch beliebt ist, der Sex und die Drogen aber bei jungen Menschen oft einer verantwortungsvolleren Laufbahnplanung Platz gemacht haben.
Dass das BIMM nun in Berlin seine Zelte aufschlägt, begründet Hamilton mit „der großen pophistorischen Bedeutung der Stadt“. Dass auch die ungebrochene Anziehungskraft auf junge Menschen eine Rolle gespielt hat, hier eine Dependance aufbauen zu wollen, beweisen die beiden englischen BIMM-Studenten, die bei einer Präsentation des Instituts zwei hübsche, wenn auch etwas brave Folk- Popsongs spielten. Der Moderator fragt die Pianistin, was sie von Berlin hält. Es stellt sich heraus, dass sie und ihr Bandpartner seit „vier, fünf Monaten auch hier leben – und was soll ich sagen: es ist ein Trip“.