Jasmin Wagner spielt im Schlosspark-Theater

Popstar gibt Popstar

Jasmin Wagner gibt in einer neuen Produktion des Schlosspark-Theaters eine Schlagersängerin.
Jasmin Wagner gibt in einer neuen Produktion des Schlosspark-Theaters eine Schlagersängerin.
Ex-Blümchen Jasmin Wagner gibt in einer neuen Produktion des Schlosspark-Theaters einen Schlagerstar. Im Oktober feiert "Alexandra – Glück und Verhängnis eines Stars" Premiere.

Ach was, nun knickst sie zur Verabschiedung. Obwohl sie doch die komplette Zeit 31-jährig und Jasmin Wagner war. Eine Frau, die Songs macht und auf der Theaterbühne steht. Und jetzt dieses Knicksen, wie ein junges neckisches Mädchen. Das ist jetzt wieder eher Blümchen, der Kinder- und Teenie-Popstar, der Jasmin Wagner in den Neunzigerjahren war. Nun denn, es wird wohl beides zusammengehen: die 15-jährige Göre, die sich mit ihrem Hit „Herz an Herz“ ins Musikbusiness katapultierte, die erfolgreichste Neunzigerjahre-Sängerin, die Millionen-Sellerin, die „Diddl-Maus fürs Ohr“, wie Kritiker sie tauften, und diese existenzialistisch schwarz eingekleidete Hamburger Schauspielerin, die im Schlosspark-Theater die psychischen Untiefen des Schlagerstars Alexandra auslotet und so abgeklärt über das Showbusiness spricht. Die Gesichtszüge jung und schön und wie zur Zeit Blümchens, das Lächeln strahlt wie der Lipgloss, das Gemüt freudig, womöglich sogar frei. Wie bei einer Frau, die keine Beweise mehr erbringen muss. Nicht mehr für alles und jeden, das zumindest.

Wagner mag Schlagerstar-Figur

Sie kommt auf direktem Wege von der Bühne gestürzt, auf der geprobt wird. Im wahrsten Sinne des Wortes. Am Samstag feiert die Produktion mit dem nicht gerade subtilen Titel „Alexandra – Glück und Verhängnis eines Stars“ Premiere. Autor des Stücks, das ausdrücklich nicht als Musical, sondern als Theater mit Musik verstanden werden will, ist der deutsche Musical-Fürst Michael Kunze. Im Stück fällt Alexandra und das schmerzt Jasmin Wagner nicht nur gespielt, sondern tatsächlich. Sie sitzt noch kaum im Foyer des Theaters, da kommt schon automatisch ihr Getränk. Es ist bei allen Gesprächen dasselbe. „Die Rockstars von heute trinken alle grünen Tee“, meint sie und lächelt. Das wenigstens war in den Sechzigerjahren noch ganz anders, als ihre Figur lebte, die legendenumwobene, im Alter von nur 27 Jahren tödlich verunglückte Schlagersängerin.

Davon abgesehen hat Jasmin Wagner jedoch Parallelen zwischen Alexandra und sich entdeckt. Die sei ebenfalls eine junge Frau gewesen, die in einer manipulierenden Musikbranche um Selbstbestimmung kämpfte. Das ehemalige Blümchen Jasmin schüttelt sich noch immer, wenn sie an einige Begebenheiten ihres Popstarlebens zurückdenkt. „Diese Meetings, wo die Leute von Plattenfirma und Promotion über dich reden, als seist du gar nicht da, sondern nur irgendein Produkt“, meint sie. Und als sie las, dass Alexandra mit der dunklen Stimme, die von ihren Managern auf das Klischee der russischen Seele getrimmt wurde, ihren eigenen Hit „Sehnsucht“ im Gegensatz zu Liedern wie „Mein Freund der Baum“ oder „Zigeunerjunge“ vollständig verabscheut hat, habe sie eine freundschaftliche Zuneigung zu Alexandra entwickelt. „Mir ist das Lied auch viel zu klebrig“, so Jasmin Wagner.

Das Idealistische, das Lebenshungrige und das Rebellische der Schlagersängerin gefallen ihr, der wenig glückliche Hang zu erheblich älteren Männer jedoch überhaupt nicht. Der Tod Alexandras sei 1969 für das deutsche Publikum ein ähnlich großer Schock gewesen, wie für sie vergangenes Jahr der von Amy Winehouse, denkt Wagner. „Wenn jemand, der diese Genialität hat, so früh geht, trifft einen das immer.“

Ex-Blümchen lernte extra für die Rolle Gitarrespielen

Im Schlosspark-Theater stand Wagner schon früher einmal auf der Bühne. Da entstand jedoch nicht einmal annähernd eine solche Medienresonanz. Ist sie es nicht allmählich leid, über sich, Blümchen und Alexandra zu sprechen? Keineswegs, sagt die Hübsche, die zudem eine geübte Moderatorin und Werbeträgerin ist: „Ich kann immer am längsten“.

Dass es mit dem Stürmen der Charts seit dem selbst beschlossenen Ende ihrer Blümchen-Ära vor einem Jahrzehnt nicht mehr so gut klappt, scheint Wagner recht egal zu sein. In ihrem letzten Album „Die Versuchung“ aus dem Jahr 2006 hat sie zusammen mit ihrem Songschreiber, dem Hamburger Unikat Bernd Begemann, aus Zufall schon einmal die Sechziger zitiert. Kaufen wollte die Platte kaum jemand, den Kritikern gefiel es aber. Das ist Blümchen und Wagner vorher nie passiert. Nun plant sie wieder ein Album, mehr will sie nicht offenbaren. Sie macht schon längst nur noch, was und wann sie persönlich es möchte. Deshalb gibt sie dem Theaterspiel auch den Vortritt vor dem Musical, wo sie ebenfalls bereits gebucht war. „Da gibt es immer selbst bei Gesten immer nur ein ‚Richtig‘ und ein ‚Falsch‘.“ Im Theater könne man nie den Verlauf eines Abends bestimmen, da gerate jeder anders und deswegen gut.

Eigens für die Alexandra-Rolle hat Wagner Gitarrespielen gelernt. Seit fünf Monaten übt sie, allmählich klappt es ganz gut. Das Instrument heißt kleine Senorita. „Sehr schön, aus dunklem Zedernholz.“ Eine spezielle Anfertigung, nur für sie. „Wenn schon, denn schon“, sagt Wagner. Ein wenig ist sie eben immer noch Popstar.

Premiere feiert die Produktion „Alexandra – Glück und Verhängnis eines Stars“ am Samstag, den 15. Oktober um 20 Uhr. Karten kosten ab 18 Euro.


Quelle: Der Tagesspiegel

Schlosspark-Theater, Schloßstr. 48, 12165 Berlin

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Schlosspark-Theater

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