Besonders groß ist Josefine Preuß nicht, übersehen kann man sie dennoch unmöglich. Die Schauspielerin ist eine Persönlichkeit mit einer klaren Meinung, Haltung und Erfolg. Die Reihenfolge ist dabei nicht beliebig, denn wir trauen der 31jährigen durchaus zu, sich für ihre Überzeugung und gegen ein populäres Projekt zu entscheiden. Ein Vorbild will sie trotzdem nicht sein, dafür sei sie einfach zu menschlich. Mit Ecken und Kanten. In der DDR wären ihr die vielleicht zum Verhängnis geworden: „Ich weiß nicht, ob ich den Beruf hätte ausüben können, wenn die Mauer nicht gefallen wäre„, überlegt sie während unseres Interviews.
Vorwärts immer
Warum Josefine Preuß so rückwärtsgewandt denkt? Ihr aktueller Film Vorwärts immer spielt im Jahr 1989, als Honecker drohte, die friedlichen Montagsdemos in Leipzig mit Panzern zu zerschlagen. „Ich verbinde mit der DDR nicht viel, außer dass es mein Geburtsland ist, das ich ja nicht einmal mehr in Formularen angeben kann“, erklärt sie. „Auch von tragischen Familiengeschichten kann ich nicht berichten, wir sind weder geflüchtet noch saßen wir im Gefängnis. Wir gehörten zu denen, die sich arrangieren mussten.“
Die Anfänge
Aufgewachsen ist Josefine in Potsdam, wo sie neben der leidigen Schule die Theatergruppe Taifun für sich entdeckte. Später spielte sie auch am Hans Otto Theater. Während andere sich in der Pubertät mit Pickeln, Speck und Liebe quälten, startete Josefine ihre TV-Karriere im Jahr 2000 in der Kinderserie Schloss Einstein. Nach drei Jahren entwuchs sie dem Format, begann auf KI.KA quergelesen zu moderieren und in erwachseneren Filmen zu spielen. Ab 2005 begeisterte Türkisch für Anfänger die Fernsehnation und aus Josefine wurde Gürkchen. Seit 2008 hat sie sich in etlichen Rollen von dem süßen Zicken-Image befreit und alles gespielt, was ihrem eigenen Charakter am wenigsten entspricht. „Ich mag einfach Rollen, die mit mir persönlich kaum etwas gemein haben“: Mißbrauchsopfer, verzweifelte Mörderin oder die von Dramen gebeutelte Hotel-Adlon-Erbin Sonja Schadt…
Gegen rechts
Während sie als fiktive Frau Schadt im Adlon-Dreiteiler keine allzu klare Haltung gegen Nazis bezog, möchte Josefine nach der Wahl der AfD in den Bundestag nicht einfach zusehen, wie das Land im braunen Schlamm versinkt. „Ich möchte mir von meinen Kindern und Kindeskindern nicht sagen lassen, dass wir die erste Generation waren, die es wieder zugelassen hat, dass Rechte in den Bundestag einziehen. Es ist aber passiert. Ich bin schockiert und ich bin traurig, wir müssen jetzt ganz viel Liebe verteilen.“ Gerade weil es heute nur noch um Hetze und Hass geht. In den sozialen Medien und auf dem politischen Parkett, siehe Donald Trump, Kim Jong Un oder Recep Tayyip Erdogan. Dieser Liebe-volle Ansatz zum politischen Widerstand gefällt uns. „Ich bin jedenfalls froh, dass die Menschen es damals gewagt haben, als Volk auf die Straße zu gehen – gerade an diesem Montag, dem 9. November, als die Luft brannte.“
Fakten, Fakten, Fakten
Kommen wir zurück auf das Thema Liebe. Ob sie gerade in festen Händen ist, lässt sie sich nicht entlocken. Ihre Beziehung zu Vinzenz Kiefer wurde nur durch Zufall bekannt. Auf die Frage, ob sie eher auf Tinder steht oder die Disco als Kennenlernort bevorzuge, antwortet sie immerhin sehr eindeutig: Bowlingbahn. Was du noch über Josefine wissen solltest? Dass sie als typische Nachteule zwar mit Tee in den Tag startet, dann aber unzählige Tassen Kaffee folgen lässt, dass sie ein leidenschaftlicher Union-Fan ist, selbst aber lieber isst als dass sie Sport macht – obwohl sie durch die Pilgerin Bogenschießen für sich entdeckt hat: wenig Laufen, um die Pfeile einzusammeln, und ganz viel Spaß. Sie ist eine Realistin, aber keineswegs verkopft: „Mein Kopf fragt, mein Bauch antwortet, mein Herz korrigiert„, erklärt sie ihren Weg zu Entscheidungsfindungen. Sogar auf die heikle Currywurstfrage hat sie auf diese Weise eine Antwort gefunden: „… so Ossi bin ich dann doch, dass für mich nichts über Konnopke geht.“
Die Komödie „Vorwärts immer“ mit Josefine Preuß als schwangere Schauspielschülerin, die in den Westen flüchten will, Jörg Schüttauf als ihr Vater, einem angesehenen Staatsschauspieler, der als Honecker-Doppelgänger versucht, sie zu retten und den Panzereinsatz in Leipzig zu verhindern, startet am 12. Oktober 2017 in den Kinos.